2022 - Frankreich/Loire


11. März - 24. März 2022

 

Es ist fast Mitte März, wir fahren los…und möchten quer durch Frankreich, ein Stück entlang des Flusses Loire, dann den westlichsten Zipfel in Frankreich, die Bretagne, umrunden, anschliessend werden wir der Atlantikküste nach Süden folgen, im Mai/Juni noch etwas Zeit in den Bergen von Nordspanien und den Pyrenäen verbringen, bevor wir nach Mitte Juni wieder zurück in der Schweiz sind, das mal unser Frühlingsplan. 

Unsere Wünsche für den Herbst sind im Kopf und in der Schublade, wir lassen sie noch etwas ruhen in diesen unruhigen Zeiten und werden uns gegen den Sommer entscheiden. Im Moment geniessen wir dankbar das Jetzt und was wir haben.   

An diesem sonnigen ersten Tag fahren wir nur bis ins Berner Oberland, dort machen wir einen Besuch, wir werden richtig verwöhnt, es gibt viel zu plaudern, und wir übernachten nach vielen Wochen wieder das erste Mal im Iveco, wie schön!

Gemütlich geht es weiter über Gruyères, durch’s Welschland an den Lac de Joux. Noch winterlich ist es hier und am nächsten Morgen erwachen wir sogar im Schnee. Schnell ist dieser wieder abgeschüttelt, wir rollen über die Grenze in unser Nachbarland Frankreich und weiter auf Nebenstrassen durch den abwechslungsreichen, hügeligen französichen Jura. Viel haben wir uns nicht vorgenommen auf unserem Weg Richtung Loiretal und geniessen spontan was sich so zeigt auf der Strecke, wie der wunderbare Blick vom "Bélvédère des Trois Lacs". Die Autobahnen lassen wir links oder rechts liegen, wir fahren nur auf Haupt- oder noch lieber auf schmalen Nebenstrassen. So machen wir jeden Tag etwas Strecke und peilen Briare an der Loire an. Dort steht eine alte Kanalbrücke, die längste aus Metall errichtete Kanalbrücke von Frankreich, gebaut von 1890-1896. Auf einer Länge von 662 Meter überquert auf ihr der Canal latéral à la Loire den tiefer gelegenen Fluss Loire. Wir schreiten über die Brücke und sind beeindruckt. Am Anfang der Brücke entdecken wir ein kleines Lädeli, Chocolatier steht da, auf dem Rückweg gehen wir hinein, stehen inmitten feiner, süsser Köstlichkeiten und nehmen ein paar farbige Maccarons mit für den nächsten Kafihalt. 

Die Loire ist mit einer Länge von über 1000 km der grösste der in den Atlantik mündender Ströme Frankreichs. Vom Zentralmassiv aus fliesst das Wasser der Loire Richtung Norden und Nordwesten bis Orléans, danach nach Westen durch Tours, Saumur, Nantes bis zur Mündung bei Saint-Nazaire. 

Von Briare aus folgen wir nun in den nächsten Tagen mehr oder weniger dem Flusslauf der Loire. Es ist auch die Gegend der vielen Schlösser, rund 400 gibt es hier und ein paar von diesen möchten wir anschauen. 

Wieso gibt es denn entlang der Loire so viele Schlösser? 

Im 100-jährigen Krieg zwischen 1337 und 1453 war die Loire zeitweise Kriegsschauplatz zwischen England und Frankreich, mehr Befestigungsanlagen mussten gebauen werden, so entstanden zu jener Zeit viele Schlösser. Die zumeist gotischen Burganlagen verloren nach dem Krieg ihre Bedeutung, viele verfielen oder wurden aufgegeben. Auf den Fundamenten anderer wurden seit dem Beginn der Renaissance im 16. Jahrhundert die heutigen Schlösser errichtet. Wegen der Schönheit der Loire-Gegend und seiner Seitentäler liess sich der bevorzugte Adel hier nieder und herrschte von hier aus über seine Lehen. Das 15. und 16. Jahrhundert war die Zeit der Loire-Könige, ein Grossteil der französischen Politik trug sich damals hier zu und nicht in Paris. So, genug Geschichte, weiter gehts…

Es ist früher Frühling, das Wetter oft grau und kühl, aber je länger wir unterwegs sind desto mehr erwacht die Natur, es wird fast jeden Tag ein bisschen farbiger und grüner.

Wir picken uns einige Schlösser heraus und von fast allen sind wir sehr begeistert. Als erstes steuern wir das trutzige Schloss Sully-sur-Loire an, überschaubar, handfest, wie so eine Ritterburg aussehen muss, mit einem Wassergraben ums Schloss und einer schönen Parkanlage. Als weitere Station suchen wir auf der Karte die Basilique de Fleury in Saint-Benoit-sur-Loire, das ist gar nicht weit vom Schloss Sully und es hat hinter der Kirche einen gäbigen Parkplatz im Grünen wo wir über Nacht stehen bleiben können. Wir machen einen Rundgang und schlängeln uns durch die mächtigen Säulen beim Kircheneingang ins Innere. Wie viele beeindruckt auch dieses Bauwerk mit seinem Umfang und der aufwändigen Bauweise, viele, viele Steinmetze haben hier endlos lange Stunden gehämmert und wunderschöne Arbeiten entstehen lassen. An die Geschichten dahinter denken wir nicht zu fest, so anständig und gerecht war's nicht immer...wie auch heute nicht.

Wir fahren für einen Stadtbummel nach Orléans und kaufen bei dieser Gelegenheit eine Simkarte von Free mit vielen Gigabites für ein paar Euros. Leider klappt es dann nicht ganz mit der Aktivierung, sie bockt in unserem Router (oder wir bringen es nicht fertig, haha...) so liefert sie uns Daten als zweite Sim im Natel von Beat, das passt auch.

 

Das Schloss Chambord ist ein sehr grosses Schloss mit riesigen Ländereien, wir fahren schon mal 5 km schnurgerade durch den eingezäunten Park bis wir beim Schloss ankommen. Leider sind einige Türme eingerüstet, es wird renoviert, so sieht es nicht ganz so schön aus, aber natürlich nicht weniger eindrücklich in seiner Grösse. Mit uns sind einige Schulklassen unterwegs im Schloss, so kürzen wir etwas ab und machen lieber noch einen ausgedehnten Gartenrundgang. Man könnte hier beim Schloss auf dem Parkplatz übernachten, wir aber entscheiden uns noch weiter bis zum Schloss Cheverny zu fahren, das ist nicht allzuweit, auch dort kann man die Nacht auf dem Parkplatz verbringen. 

Am nächsten Morgen bei Schlossöffnung stehen wir am Tor und staunen nicht schlecht, wieviel schon los ist vor dem Schloss. Unzählige Leute strömen herbei, in kurzer Zeit ist ein richtiges Gewusel, aber wir merken, sie alle streben zum Pflanzenmärt der dieses Wochenende weiter hinten auf dem Gelände stattfindet. Wir biegen ab zum Schlosseingang und sind fast alleine auf dem Rundgang durch das nicht sehr grosse Schlösschen. Es ist alles sehr schön, perfekt und üppig eingerichtet, richtig wohnlich und gepflegt mit wertvollen, speziellen Möbeln, auch die Osterdeko fehlt nicht. Ein Schloss das bis auf zwei Ausrutscher seit mehr als sieben Jahrhunderten in Familienbesitz ist und auch noch in einem Flügel von der Familie bewohnt wird. Nach einem Spaziergang durch den Garten und dem Besuch der Jagdhundezucht gehts weiter übers Land zum Schloss Chenonceau, dem Damenschloss.

 Wow, das ist ein Anblick! Edel steht es da, gebaut über dem Fluss Cher und präsentiert sich wunderschön in der Landschaft, umgeben von einem aufwändigen, blumigen Park, einem Bauernhof und Gemüsegärten. Die 60 Meter lange Schlossgalerie über dem Fluss mit einem Boden aus Tuffstein und Schiefer war früher ein prächtiger Ballsaal und hat im Krieg sogar als Krankenhaus gedient, in der alten Küche und den mit frischen Blumen dekorierten Räumen fühlt man sich um Jahrhunderte zurückversetzt. Auf meiner Liste bekommt es die volle Punktzahl! Und zu unserem Glück scheint mal vage die Sonne, so können wir noch eine Weile gemütlich im Park sitzen und das edle Ambiente geniessen.

Jedes dieser Schlösser könnte eine unglaublich lange, verworrene, oft spannende, auch traurige Geschichte erzählen von seinem Dasein, mit Intrigen, Kämpfen, Besitzerwechseln, Zerstörung, Umbauten, Ausbauten, über viele Jahrhunderte hinweg. Wir lesen uns etwas in die Geschichten der Schlösser ein die wir besuchen, nur schon das könnte in Buch füllen, es ist spannend, aber mit diesen vielen involvierten Personen in den Schlossgeschichten mit Verwandten, Bekannten, quer verheirateten, arrangierten Ehen, Nachkommen etc. schwirrt und bald der Kopf...  

 

 Beim Schloss Villandry ist die akurate, riesige Gartenanlage ein Traum, die meisten Planzen sind noch im Frühlingsschlaf, es fängt erst langsam an zu spriessen, grün und farbig zu werden, aber wir erahnen wie es in ein paar Wochen hier aussehen wird wenn all diese Bäume, Blumen und Gemüsesorten im Saft sind, wunderschön!  

Wir entfernen uns wieder etwas von der Loire,  weiter geht es über Azay-le-Rideau mit seinem etwas düsteren Schloss das uns nicht so fesselt (oder ist es nur das Wetter) über das kleine Dorf Chinon, vorbei an der Abbaye de Fontevraud  zum Schloss Brezé und ins schmucke Städtchen Saumur mit seiner Burganlage hoch über dem Ort. 

Das spezielle am Schloss Brezé sind der begehbare Burggraben und das ganze Höhlensystem mit Räumen und Gängen im Untergrund die seit dem 16. Jahrhundert als Wirtschaftsräume genutzt wurden. Entstanden sind diese vor allem durch den Abbau von Tuffstein. Heute dürfen auch die Besucher durch diese Gänge und Höhlen schreiten oder kriechen und bei einem Rundgang durch den tiefen Burggraben zum Schloss hochschauen. 

Wir sehen in dieser Gegend sehr viele Höhlenbehausungen, Häuser, Garagen, Keller an oder fast in den Hang gebaut, alle aus  hellen Tuffstein. 

Die Loire gefällt uns in diesem Abschnitt besonders gut, es hat viele schöne, aus Stein gebaute Häuser, so fahren wir noch ein kleines Stück weiter dem Fluss entlang, überqueren ihn bei Saint-Rémy-la-Varenne, verlassen nun die Loire-Gegend und rollen recht zügig bis ans Meer, zur Grenze zwischen der Normandie und der Bretagne!

Unser erster Halt hier gilt dem berühmten Mönchsberg Mont Saint-Michel. Die Parkplätze sind riesig, jetzt im März sind aber zum Glück viele, viele der Parkplätze leer, die Hotels und Restaurants noch nicht alle offen. Wir machen die Velos bereit und radeln die 2.5 km auf dem Deich zum Mont Saint-Michel raus. Wie eine Pyramide erhebt sich dieser Klosterberg auf einem 80 Meter hohen Granitsockel aus dem Meer, wow, eindrücklich! Ganz früher lag dieser Fels inmitten eines Waldes, über die Jahrhunderte wurde der Wald nach und nach überflutet, die Erosionen trennten den Fels vom Festland und die Küste veränderte sich. Konnten die Pilger früher nur bei Ebbe zum Mont gelangen, kommt man heute trockenen Fusses hin. Wie vieles ist auch diese Klosteranlage legendenumwoben und hat eine lange Geschichte vorzuweisen, von der ersten Kapelle bis zum bewundernswerten Bau wie er heute noch da steht, diese grosse Klosterkirche auf dem knappen, unebenen Fels, ein Baukunstwerk. Wir steigen durch die Gassen empor und werden treppauf-und ab weiter durch die verschiedenen Ebenen der verwinkelte Kirche geleitet. Ohne Rundgang-Pfeile hätten wir uns bestimmt verlaufen. Wir bleiben noch eine ganze Weile auf dem Hügel, schlendern die Gassen auf und ab und rundherum. Die Ebbe lässt das Meer verschwinden, der Fels steht im Sand, so können wir sogar noch rund um den Berg laufen. Wir bleiben auf dem Parkplatz stehen für diese Nacht und marschieren in der untergehenden Sonne nochmals zum Deich für einen Abendlicht-Blick auf den Mont Saint-Michel, schön! 

 

Nun geht es weiter entlang der Nordküste der Bretagne!