2022 - Frankreich/Atlantikküste


23. April - 03. Mai 22

Entlang der Atlantikküste verbringen wir nicht allzu viel Zeit, wir entscheiden uns, nicht über Bordeaux zu fahren sondern den Iveco direkt entlang der Küste südwärts zu steuern.

In der Gegend von La Bernerie-en-Retz übernachten wir auf einem kleinen Camping gleich am Meer, das Wasser ist nicht zu sehen, weit draussen ist der Bauer fleissig am Manövrieren mit seinem Traktor zwischen all den Austernbänken.  Am anderen Morgen nehmen wir die Strasse nahe dem Meer entlang, hier hat es nämlich zahlreiche Fischerhäuschen auf Stelzen und die sind ganz wunderbar anzuschauen, ich kann mich fast nicht mehr losreissen. Die ersten die wir sehen stehen im Wasser, schön aufgereiht in einer endlosen Reihe entlang des Strandes. Ein Stück weiter ist schon Ebbestrand, diese Häuschen stehen im Sand und Schlick, der Boden ist voller Gräben, Muster und ganz zerfurcht, toll sieht das aus und diese Wetterstimmung dazu. Ich mache einen Schritt zu weit ins Feuchte und mein Fuss will sofort im Untergrund verschwinden, ohhh! Nach genug Stelzenhäuschen führt uns die schmale Strasse weiter durch ein riesiges, flaches Gebiet voller Wassergräben und Kanälen. Wenn ich auf die Karte im "Mapout" zoome sieht das ganz speziell aus, alles voller blauer Wasserlinien und kaum Land, beim Hindurchfahren ist das natürlich nicht ganz so spektakulär. 

Wir machen einen Abstecher auf die Ile de Ré, besuchen das schöne Städtchen La Rochelle und bleiben ein Stück weiter etwas hängen in Rochefort.

Hier hat es einen alten Transbordeur (ja, Transbordeur, nicht Transporteur, wie wir so aus dem Gefühl hinaus schreiben würden), den möchten wir anschauen! Diese Schwebefähre ging im Jahr 1900 in Betrieb, konnte bei jeder Überfahrt 200 Personen oder 9 zweispännige Fuhrwerke und 50 Personen mitnehmen. Da die Wartezeiten wegen mehr Verkehr in der Nachkriegszeit immer länger wurden, baute man im 1967 etwas flussabwärts eine Hubbrücke. Im Jahr 1976 wurde die alte Schwebefähre zu einem Monument historique, es wurden Gelder bereitgestellt und der Transbordeur blieb zum Glück erhalten. Die Fähre wurde in den 90er Jahren aufwendig saniert und dient heute vor allem dem Tourismus, befördert werden Fussgänger oder Velos, aber schon lange keine Fahrzeuge mehr. 

Als wir beim Transbordeur ankommen ist gerade Mittagspause, um 14 Uhr geht es wieder los. Wir kaufen Tickets, warten hinter der Barriere, schon kommt sie angeschwebt, die Plattform, legt an, wir dürfen an Bord und los gehts über den Fluss. Viel zu schnell sind wir auf der anderen Seite, steigen aus und schauen uns im nahen Museum die Geschichte dieser Fähre an. In dieser Zeit schwebt sie einmal hin und retour und nimmt uns dann wieder zurück auf die andere Seite. Ein spezielles Abenteuer, weltweit gibt es nämlich nur noch 8 Schwebefähren die in Betrieb sind!

Wir bleiben zwei Tage auf dem Camping hier, schauen uns im Städtchen um, fahren mit dem Velo entlang des Flusses, dann geht es weiter bis nach Royan, hier nehmen wir die Fähre hinüber nach Le-Verdon-sur-Mer.

Die Atlantikküste ist ein endlos langer Strand, man könnte alles im Sand laufen bis zur spanischen Grenze, das wären dann grob gemessen Luftlinie so gut 250 Kilometer. Hinter dem Strand gibt es viel Wald, kilometerlange gerade Strassen führen durch schöne Pinienwälder, dazwischen hat es Dörfer die vor allem auf den Tourismus ausgerichtet sind und dazu jede Menge riesiger all inclusive Campingplätzen mit allem was die sonnenhungrigen Feriengäste im Sommer suchen und erwarten. Wir finden aber auch kleine, nette Campings oder schöne Stellplätze und verweilen mal da und dort am Meer.

Dann sind wir bei den schönen Dünen von Pilat! Es ist Nachmittag, wir parkieren, laufen ein Stück und steigen auf einer in die Düne eingelassene Holztreppe hinauf auf den sandigen Berg. Wir sind am Dünen-Hotspot, so hat es hier einige Leute, aber sobald man sich ein paar Schritte weiter bewegt ist es nur noch halb so schlimm. Wow, so cool, diese Dünenlandschaft und so lang ist diese Düne! Auf der einen Seite sieht man nur Wald und auf der anderen Seite der Düne erstreckt sich das blau glitzernde Meer mit der vorgelagerten sandigen Insel Gironde, wunderschön!

Es ist die höchste Wanderdüne in Europa, sie ist bis zu 110m hoch, etwa 500m breit und 2.7km lang, auf der Ostseite fällt sie stark ab mit 30-40 Grad. Das ist vor allem für die Kinder, und auch für viele Erwachsene faszinierend, sie hüpfen, rennen, rollen jauchzend und lachend den steilen Abhang hinunter und geniessen diesen unendlich grossen Sandkasten. Man kann hier oben Sandburgen bauen, Füsse vergraben,  spielen, sonnenbaden, picknicken, einfach sein...!

Nach einer Weile machen wir uns auf den Abstieg, fahren ein kleines Stück weiter und bleiben auf einem Camping gleich hinter der Düne stehen, wir haben sogar einen Platz gleich unterhalb der Düne!

Am Abend steige ich nochmals hinauf, auch hier vom Camping aus hat es ein Holzstägeli. Am Ende der Treppe geht es aber noch ein gutes Stück steil opsi im tiefen Sand, das ist wie richtig Tiefschnee laufen! Der Himmel ist bedeckt, es gibt keinen gigantischen Sonnenuntergang, aber das ist egal, es ist einfach schön hier zu sein und jetzt am Abend hat es nur noch einige Gleitschirmflieger und ein paar wenige Leute. Am anderen Morgen klettern wir zusammen nochmal auf die Düne, sind ganz alleine mit der tollen Aussicht und dem Wüstenfeeling an diesem speziellen Ort!

Weiter gehts...nach vielen Kilometern Wald finden wir ein gemütliches Pausenplätzli am Seestrand des Étang de Biscarrosse. Hier ist einiges los, nicht am Ufer, sondern in der Luft und auf dem Wasser, eins ums andere starten oder landen Wasserflugzeuge auf dem See. Wir machen Strecke und fahren durch viel, viel Wald südwärts, bei Messanges finden wir nochmals einen schönen Strand-Nachtplatz am Meer. Auf einem Plakat sehen wir dass hier am nächsten Tag ein Künstlerfest stattfindet. So machen wir uns am Morgen nochmals auf zum Strand, auf dem Parkplatz hat es einige Stände mit Bildern von verschiedenen Künstlern, Musiker spielen, und am Strand sollen bis am Abend spezielle Sand-Kunstwerke entstehen, wir sehen auf einem Bild wie das aussehen soll, warten dann aber nicht bis sie fertig sind, richtig Eindruck machen würden sie sowieso nur von oben aus der Luft.

Nun sind wir im französischen Baskenland. Die Dörfer mit vielen schmucken Riegelhäusern sind sehr gepflegt und sauber, die Landschaft ist hügelig und saftig grün, es gibt viel Landwirtschaft, wir sehen unzählige Schafe und Kühe, schöne Höfe, überall wird Käse angepriesen und die Strassentafeln sind nun in französisch und baskisch angeschrieben. 

Nach einem Schluchtspaziergang zum Felsenbogen Pas de Roland, der sich als etwas mickrig und nicht zugänglich entpuppt, suchen wir uns einen Camping in Itxassou, es ist noch Vorsaison, Platz hat es genug. Am anderen Tag machen wir eine Rundtour und besuchen vier kleine Dörfer, jedes von diesen soll speziell schön sein.

Als erstes spazieren wir durch Espelette, dieses Dorf ist die Heimat einer aromatischen Chilisorte, die seit 2000 unter dem geschützten Namen AOP verkauft wird und das einzige Gewürz Frankreicht ist mit dieser Auszeichnung. Die Chilis werden in Espelette und neun weiteren Nachbarsdörfern angebaut, im Herbst geerntet, getrocknet und zu Chili-Gewürz verarbeitet. Längst findet es Verwendung in diversen Sachen, in Würsten, in Käse, in Brotaufstrichen, Gonfituren, Honig, Schokolade undsoweiter. Von einem kleinen Bauerndorf hat sich Espelette in den letzten Jahren zu einem richtig Touristenmagnet entwickelt, die Hauptgasse ist voller Lädeli, fast jedes verkauft dasselbe, aber es gefällt uns hier und wir sitzen gemütlich im kleinen Kafi und beobachten das Geschehen in der Gasse. Nach Espelette fahren wir über Ainhoa, Sare und Ascain, jedes mit Charme, wobei uns das kleine Sare am besten gefällt. Hier lachen wir als wir einen Parkplatz suchen und auf der Tafel lesen: "Auto partekatze gunea" ...nah, dann schauen wir mal ob wir den Iveco in diese Partekatze stellen können! Unterwegs fahren wir auch an der Talstation des Bähnchens auf den La Rhune vorbei, Der Berg hier, aber das Wetter ist nicht weitsichtig, es ist Sonntagnachmittag, der Parkplatz bei der Bahn vollgeparkt, somit keine Option, und mit Bergbahnen sind wir ja zuhause auch sehr gut versorgt.

Wir fahren den Stellplatz in Biarritz an, er ist laut, nicht gerade romantisch, aber praktisch. Von hier aus ist man ratzfatz am nahen Strand, und es gibt einen Promenadenweg bis ins Stadtzentrum von Biarritz. Den Strand nutzen wir am Abend noch und in die Stadt geht es am nächsten Morgen bei etwas nebligem Wetter, alles dem Meer entlang, um kantige Felsen, zu Aussichtspunkten, am alten Hafen vorbei bis ins Zentrum, ein schöner Marsch! Es gibt altehrwürdige Häuser, eine Markthalle und viele schöne Ecken und Lädeli in Biarritz, auf dem Rückweg beobachten wir am Strand noch die vielen lernwilligen Schüler auf den Brettern. 

Nun machen wir den Sprung über die Grenze nach Spanien, fahren aber nicht weiter der nordspanischen Küste entlang, sondern wenden uns ins Landesinnere…