01. Oktober - 11. November 2022
Wir merken sofort dass Griechenland, im Gegensatz zu Albanien, ein EU-Land ist. Kaum über der Grenze stehen schon die ersten Projekttafeln am Strassenrand. Es scheint alles etwas aufgeräumter und sauberer hier. Bewusst haben wir eine nördlichere Grenze gewählt weil wir zuerst ins Gebiet der Zagoridörfer, den „Dörfern hinter den Bergen“, zur Vikosschlucht, den alten Bogenbrücken in dieser Gegend und dann in die Pindosberge möchten. Griechenland ist ein Land das wir noch nicht kennen, vor Jahren haben wir eine Woche Ferien in Kreta verbracht, das ist auch schon alles...so sind wir ganz gwunderig!
Auf der Fahrt hinauf zum schmucken Dorf Papingo schaltet der Iveco am kurvigen Berg plötzlich in den Notlauf, die Fehlermeldung 024 leuchtet auf „Motor defekt“! Wir fahren sofort rechts an den Strassenrand, stellen den Motor ab, warten einen Moment, starten wieder und die Fehlermeldung ist weg…für den Moment. Im schmucken Dörfchen Papingo können wir auf dem Dorfparkplatz parkieren und bleiben gleich zwei Nächte hier stehen. Wir machen eine Wanderung und probieren die ersten feinen griechischen Spezialitäten in den diversen Beizlis. Das Dorf ist herausgeputzt, viele der alten Steinhäuser sind renoviert, die Bergdörfern hier in der Gegend erwachen aus dem Schlaf und locken schon viele Touristen an. Es heisst die Gegend ist voller Naturschönheiten und eine noch unentdeckte Perle auf dem griechischen Festland. Das stimmt, auch uns gefällt es sehr gut hier!
Wegen der Fehlermeldung kriecht Beat unter den Iveco, checkt und bewegt die Luftklappe vom Turbolader, schaut sonstiges nach, verteilt ein bisschen WD40 etc, koppelt die Batterie über Nacht ab und wieder an…mal schauen wie es weitergeht, vermutlich ist das Problem nicht behoben (Nein, ist es nicht, es begleitet uns durch ganz Griechenland, wir suchen aber keine Garage, die Fehlermeldung lässt sich immer wieder löschen und hält sich jeweils für einige Zeit still, so warten wir bis wir zurück in der Schweiz sind).
Nach diesen schönen Besichtigungen von Dörfern, Canyon und Steinbrücken fahren wir auf schottrigen Pisten durch die Pindosberge Richtung Meteoraklöster. Einmal mehr sind wir fast alleine unterwegs...wir sehen viele Panzerkiefern, mächtige, hohe Bäume die bis zu 30 Meter hoch und über 1000 Jahre alt werden können. Sie werden auch Schlangenhautkiefern genannt wegen ihrer speziellen Rinde. Von dieser Baumart gibt es nur wenige inselförmige Bestände im Süden Italiens und auf der Balkanhalbinsel, darunter auch hier in der Bergregion von Nordgriechenland. Im Jahr 2016 entdecken Forscher auf einer Expedition in dieser Gegend mehrere 1000-jährige Panzerkiefern, darunter ein Exemplar das 1’075 Jahre alt ist, es ist Europas ältester lebender Baum, sein Name ist „Adonis“, nach dem griechischen Gott der Schönheit und der Vegetation.
Wir machen einen Abstecher zu den berühmten Meteoraklöster. Gebaut vor hunderten von Jahren sitzen diese Klöster auf markanten, hohen Sandsteinfelsen, wow dieser Anblick! Es gab einmal insgesamt 24 solche Klöster und Eremitagen, von denen heute nur noch 6 bewohnt und auch zu besichtigen sind. Die restlichen Klöster sind entweder zu schwer erreichbar oder eingestürzt und schon lange verlassen. Es ist sehr touristisch hier, wir quartieren uns auf dem Campingplatz „Meteora Garden“ ein, machen uns am nächsten Morgen bezeiten auf den Weg zu den Klöstern und parkieren den Iveco beim ersten Kloster Nikolaos. Von hier wandern wir den Berg hoch zum Kloster Metamorphosis, es ist das grösste der Meteora-Klöstern und wird noch immer von Mönchen bewohnt. Bis zum Jahre 1923 war das Kloster nur über Strickleitern und einer Seilwinde mit Netz erreichbar, heute führt eine Steintreppe mit 143 Stufen in die Höhe. Jedes der Klöster ist nur über mehr oder weniger viele Höhenmeter und Treppenstufen erreichbar. Es steht schon vor der Öffnungszeit eine rechte Schlange an Besuchern auf der Treppe vor dem Tor. Wir steigen aufwärts und geniessen schon bald eine wunderbare Aussicht von der Terrasse dieses obersten Klosters hinunter über die eigenartigen Felsenhöcker und die Dörfer im Tal.
Ein Spaziergang bringt uns zum nächsten Kloster, Varlaam, auch dieses schön zurechtgemacht mit eindrücklicher Kirche und alten Fresken. Immer mehr Menschen sind unterwegs, Cars fahren vor, die Parkplätze sind voll, es ist auch schon Mittag. Wir wandern durch den Wald abwärts, retour zum Iveco und stehen wieder am Fusse des Klosters Agios Nikolaos. Natürlich möchten wir auch dieses noch besichtigen, es hat hier, im Gegensatz zu den anderen zwei Klöstern, nicht sehr viele Leute, vielleicht abgeschreckt nur schon vom Blick nach oben. Wir steigen die vielen Meter aufwärts und kommen fast aus der Puste…oben angekommen lohnte sich der Aufstieg auf alle Fälle. Alles ist etwas einfacher, urchiger und weniger pompös in diesem Kloster, uns gefällts!
Für heute haben wir genug gesehen, noch ein Abstecher ins Dorf und schon wird es langsam dunkel. Am nächsten Tag machen wir nochmals eine Rundtour zu den restlichen Klöstern, Rousanou, Triada und Stephanos. Wir besichtigen das 1312 gegründete Stephanos, heute ist es ein Frauenkloster. Weltweit bekannt wurde das nächste Kloster, Triada, hier wurde ein Teil des James Bond-Filmes „In tödlicher Mission“ gedreht. Wir begnügen uns mit dem Anblick von aussen, treffen noch auf Reisende mit ZH-Nummer, unterhalten uns prächtig, verlassen dann die Gegend und fahren retour bis auf den Katara-Pass. Von hier geht es die nächsten Tage auf abenteuerlichen Bergstrecken Richtung Meer, welch ein Genuss!
Wir umrunden die Insel Lefkada, finden schöne Orte, machen etwas Strandferien in der Gialos Bucht und rollen dann den Peloponnes entgegen. Zuerst wollten wir alles der Küste entlang fahren bis nach Athen und von dort in einem Bogen auf die Peloponnes. Aber wir merken, Griechenland ist riesig und bietet viel zum Entdecken, wir könnten jene Reisemonate füllen. Hetzen möchten wir nicht und entscheiden uns darum für diese Reise „nur“ noch für die Peloponnes.
Wir überqueren die gut 2km lange imposante Rio-Andirrio-Brücke die den Golf von Korinth überspannt. Die Küste links und rechts ist dicht verbaut und wir haben Tourenvorschläge aus dem Pistenkuh-Buch, so sind wir ratzfatz in der Höhe, kurven zwischen Windrädern auf dem Grat entlang und übernachten in der Einsamkeit. Auf schmalen Strassen bewegen wir uns weiter durchs Hinterland bis nach Kalavryta, einem schönen kleinen Städtchen mit einer Fussgängerzone und vielen Lädeli. Hier kann man die Baumnüsse der vielen Bäume kaufen die wir unterwegs gesehen haben und diverse andere Leckereien. Von Diakopto an der Nordküste bis nach Kalavryta verkehrt eine 1885 erbaute Schmalspur- und Zahnradbahn. Sie ist vor allem bei Touristen beliebt und führt kurvenreich durch schöne Landschaft und die Vouraikosschlucht. Jetzt im Herbst liegt der Bahnhof still da, einen Zug sehen wir nicht, die Sommersaison ist vorbei.
Oberhalb des Dorfes fahren wie an der Gedenkstätte vorbei die an die hunderte Opfer aus 25 Dörfern rund um Kalavryta erinnert welche hier im Dezember 1943 durch ein Massaker der deutsche Wehrmacht den Tod fanden, ein bedrückender Ort. Nach etlichen Kilometern über Pässe und Hochebenen, durch Wälder und Dörfer fahren wir an die Küste und dem Meer entlang bis nach Korinth. Wenn wir schon hier sind müssen wir natürlich einen Blick auf den berühmten Kanal von Korinth werfen, der die Halbinsel Peloponnes vom griechischen Festland trennt. Für die damaligen Seefahrer war der Bau des Kanals eine Verkürzung des Seewegs um rund 325 km, sie mussten nicht mehr rund um ganz Peloponnes segeln. Erbaut wurde der Kanal von 1881 bis 1893 und ist 6300 Meter lang, ein spezielles Bauwerk. Immer wieder rutschen Erde und Gestein von den steilen, hohen Hängen in den Kanal und der Kanal muss gesperrt werden. Er braucht eine Sanierung, aber inzwischen hat er auch längst an Bedeutung verloren. Die Dimensionen erlauben keine Durchfahrt für grosse Schiffe, so verkehren heute vor allem Jachten oder Touristenschiffe im Kanal. Wir haben kein einziges Schiff gesehen, vermutlich liegt das auch an der Jahreszeit. Aber eindrücklich ist der Blick auch ohne Schiffe.
Wir düsen Richtung Süden zur Ausgrabungsstätte von Epidauros und sitzen ehrfürchtig in diesem grossen Theater der Antike, erbaut im 4 Jh. v. Chr...das ist ja wunderschön! 14'000 Menschen finden hier Platz und die Akustik ist exzellent, sodass man auch von den obersten Reihen jedes Wort von unten verstehen kann. In der Mitte der Bühne befindet sich im Boden eine Steinplatte und wir beobachten dass jeder Reisegruppe bei dieser Platte die Akustik vorgeführt wird. Eine Münze wird fallen gelassen, den Ton hören wir zuoberst im Theater! In den Sommermonaten gibt es regelmässig Vorstellungen und auch ein Festival von Epidauros. Wir schlendern durch die restlichen Ausgrabungen, aber das Theater ist eindeutig das Schönste hier! Nicht weit ist es bis nach Nafplio, ein charmantes Städtchen auf einer kleinen Halbinsel. Zuerst erklimmen wir den Burghügel mit der Palamidi-Festung. Von hier oben hat man einen tollen Blick über die Häuser. Anschliessend spazieren wir entlang des Hafens und durch all die Altstadt-Gässlein mit den schönen Häusern, Plätzen, Kirchen...links, rechts, ums Eck, damit wir ja nichts verpassen!
In der Nähe gibt es weitere antike Stätten, die Ruinen von Akropole und die antike Stadt Mykene die wir besuchen, aber keine beeindruckt uns so sehr wie Epidauros. Es ist wieder Zeit fürs Meer, wir nehmen die Küstenstrasse entlang des nächsten Peloponnes-Fingers. Bei Leonidio mit seinen roten Kletterfelsen biegen wir ab in die Berge und fahren zum Kloster Elona. Eingebettet in den Felsen liegt es in luftiger Höhe, Besucher sind willkommen. Vor dem Kloster haben zwei Frauen ihre Stände mit lokalen Produkten aufgebaut. Wir dürfen diverse Sachen probieren, kleine Mandeln, verschiedene Honigsorten, mmhhh...und kaufen bei jedem Stand ein paar Sachen. Weiter bergwärts erreichen wir das kleine Bergdorf Kosmas. Wir haben heute etwas Zeit verplämperlet, der Abend naht, so stellen wir den Iveco auf den Parkplatz unterhalb der Kirche und setzen uns zum Znacht in eine der Tavernen am Dorfplatz. Mächtige Platanen stehen auf dem Kirchenplatz, das Laub liegt jetzt am Boden, aber wir stellen uns vor wie schön schattig und gemütlich es sich im Sommer hier sitzen lässt. Der Wirt fragt uns ob wir hier übernachten wollen - "Ja, wenn das okay ist würden wir gerne hier stehen bleiben" "Natürlich, kein Problem". Wir verbringen eine ruhige Nacht mitten im Dorf, zeitweise begleitet von schönem Glockengeläut. Abwärts durch viel Kastanienwald erreichen wir wieder das Meer und folgen der Strasse entlang der herrlichen Küstengegend bis nach Monemvasia. Schön gelegen liegt diese mittelalterliche Stadt und Festung am Hang eines gewaltigen Felsen, wie auf einer kleinen Insel und nur erreichbar über einen Damm. Nicht umsonst bedeutet Monemvasia soviel wie "Einziger Durchgang". Der Ort hat eine bewegte Geschichte und ein Spaziergang durch die geschwungenen Gassen ist eine Reise in die Vergangenheit, schön sind die Häuser, Paläste, Kirchen und Plätze, wir könnten Stunden hier sitzen und dem Treiben zuschauen!
Der Mani-Zipfel auf den Peloponnes ist ein wilder und spezieller Zipfel, hinter dem hohen Taygetos-Gebirge und mit den unzähligen Wehr- und Wohntürmen aus seiner früheren Geschichte. Gekämpft wurde hier viel, wenn nicht gegen fremde Eindringlinge, dann gegenseitig in endlosen Blutfehden zwischen den Sippen. Schutz boten den Manioten ihre hohen Turmhäuser aus Stein, von diesem Material gibt es mehr als genug hier. Der Hafenort Gythio liegt sehr schön, aber wir treffen zur falschen Zeit auf das Dorf, alles ist voll, Parkplätze, Beizen, es gibt fast kein Durchkommen auf der Hafenstrasse. So entscheiden wir uns für die Weiterfahrt mit dem Wissen dass wir hier nochmals vorbeikommen. Weiter geht es über Archondiko hinauf nach Kastania und bis zum Kloster Panayia, tolle Blicke inklusive. Die Strasse wird zur Piste, wir gewinnen weiter an Höhe, fahren durch Wald, entlang von Hängen mit mehr oder weniger Aussicht, bis wir am Nachmittag eine gäbige Nische für die Nacht finden und sogar noch draussen die Sonne geniessen können. Bei Stoupa treffen wir wieder auf die Küste und fahren nun gegen den Uhrzeiger rund um den unteren Teil der Mani bis wir schlussendlich nochmals in Gythio sind. Uns gefällt diese Küstenstrecke super gut, die Gegend und Landschaft ist speziell, überall gibt es lohnende Abstecher und wir geniessen diesen Teil der Peloponnes ganz besonders. Zum zweiten Mal sind wir in Gythio und nun ist das Dorf ganz ruhig und entspannt, perfekt für einen gemütlichen Rundgang und ein Käfeli am Hafen.
Wir fahren nach Sparta und auf einer wunderschönen Bergstrecke quer dure nach Kalamata. Hier stöbern wir durch den Märt, decken uns mit feinen Sachen ein und machen uns dann auf nach Koroni, zum Treffen mit Reisefreunden. Der ausgesuchte Camping sollte laut Website noch offen sein, stimmt nicht, wir stehen vor einem verschlossenen Tor. So schlängeln wir uns mal durch die engen Gassen hinunter zum Hafen von Koroni, parkieren den Iveco neben dem Iveco, freuen uns über das Wiedersehen, peilen ein Beizli an und beraten wohin es gehen soll. Bei Finikounda finden wir schliesslich zwei Plätze auf einem schönen Camping, geniessen das Plaudern und Zusammensein und fahren am nächsten Tag nach Pylos und zur berühmten, perfekt geformten Omega-Bucht.
Schon trennen sich unsere Wege wieder, wir sind im letzten Peloponnes-Finger, unsere Fähre von Patras nach Ancona ist gebucht. Uns bleiben noch einige Tage für eine Tour durchs bergige Hinterland mit nochmals einsamen schönen Nachtplätzen, dem Besuch von Olympia und ein bisschen Strandleben...dann sagen wir "Auf Wiedersehen Griechenland", so meinen wir das, wir sehen uns wieder, es hat uns unglaublich gut gefallen! Vor allem genossen haben wir, wie auch in Albanien, die vielen Strecken die wir abseits fahren konnten, durch schönste Bergregionen, viel Natur und immer wieder mit tollen Nachtplätzen!
Die Fähre in Patras legt im schönsten Abendlicht ab, die Stimmung ist wunderbar, wir gleiten dem Meer und der Nacht entgegen, entschlummern bald in Träume, Gedanken ziehen an uns vorbei, Bilder von schönen Landschaften und Erlebnissen in Albanien und Griechenland...eine schöne Zeit, wir sind dankbar!