12. Juli - 26. Juli 2023
Was sind wir froh als wir endlich abfahren können in Criciuma! Es dauert noch etwas an diesem Tag, das Wetter ist nass und grau, als wir Tschüss winken in der Garage ist es schon 16 Uhr und wir möchten noch bis nach Gravatal. Auf den letzten Kilometern isch es schon ziemlich dunkel und bis wir auf dem Campingplatz bei der Therme parkiert haben komplett dunkel. Eine Ausnahme, wir fahren sonst im Ausland generell nie bei Dunkelheit. Am nächsten Morgen scheint die Sonne und wir sehen wo wir überhaupt sind, ganz nett hier, aber wir haben keine Muse zum Bleiben, wir werden ziemlich zügig Richtung Iguazu fahren in den kommenden Tagen. Eigentlich wollten wir eine etwas grössere Runde machen in Brasilien, aber nach diesen zwei Wochen warten in Criciuma straffen wir unseren Plan ein bisschen.
Im nächsten Dorf finden wir einen Supermärt, auf Stangen hängen hinter der Theke lustige runde Brotringe, so eines nehmen wir doch. Es ist ein Brot aus Maniokmehl, schmeckt so frisch recht gut, aber auch etwas speziell, es wird wohl nicht zu unserem Lieblingsbrot. Durch ein schönes Tal geht es der Bergkette entgegen und schon erklimmen wir auf einer lottrigen, steilen Strasse die engen Kurven hoch zum Serra Corvo Branco, ein Test für den Iveco, alles hält. In Alfredo Wagner, ja, so heisst das Dorf, finden wir im Park oberhalb des Ortes einen ruhigen Nachtplatz gleich neben einem kleinen Weiher.
Die weitere Strecke über Rio do Sul bis nach Blumenau zieht sich endlos und schön grün durch ein Tal entlang eines Flusses, um den Mittag fahren wir beim berühmten "Vila Germanica" vorbei in die Stadt. In Blumenau sind 40% der Menschen deutscher Abstammung, es gibt einige Fachwerkhäuser und das Oktoberfest ist wohl der Höhepunkt des Jahres und wird zelebriert wie in Deutschland. Neben dem Karneval in Rio de Janeiro ist es das grösste Fest in Brasilien und nach München das zweitgrösste Bierfest der Welt, mit Blasmusik, Trachtengruppen und allem was dazu gehört. Jetzt ist aber nicht Oktober und das ist gut so. Wir finden einen Parkplatz, spazieren durch die Stadt und entscheiden uns, nicht hier zu bleiben, sondern noch bis nach Pomerode zu fahren. Wir haben nach so viel Criciuma im Moment etwas genug von Stadt. Auch Pomerode ist ein Einwandererstädtchen, hier gefällt es uns viel besser, es ist überschaubar, wir bummeln einmal hin- und her, besuchen die Porzellanfabrik, trinken Kafi im "Oh my Bred" und gönnen uns zum Mitnehmen ein Stück feiner, üppiger Torte aus dem deutsch angehauchten Café Colonial.
Nun zieht es uns vorwärts, die Räder rollen, wir verbringen die Nacht auf einem grossen Erlebnis-Campingplatz in Rio Negrinho, fahren am Tag darauf eine Strecke von fast 400 km auf mehr oder weniger guten Hauptstrassen bis nach Entre Rios. Das kommt bei uns nicht oft vor und am Abend sind wir froh dass wir bei "Camillas Camp", im schönen Garten von Caroline und Walter, einen tollen Nachtplatz finden. Hier steht auch Jürg mit seinem Camper, ein Schweizer und der erste Europäer den wir seit Uruguay treffen. Am Abend sitzen wir gemütlich unter der Gartenlaube und Walter brötlet für uns feine Pinhaos auf dem Grill, das sind Früchte des Araukariebaums, man kann sie kochen oder braten, dann schält man sie aus der dicken Schale und isst sie wie die Marronis bei uns, mmhhh, fein!
Entre Rios ist ein spezieller Ort, die Siedlung umfasst fünf Dörfer und Walter erzählt uns viel Spannendes über das Leben hier und die ganze Geschichte der Donauschwaben. Von der Schweizer Europahilfe mit Geld unterstützt siedelten sich nach dem 2. Weltkrieg 500 donauschwäbische Familien hier an, bekamen von der Regierung Land zugeteilt und gründeten Entre Rios. Viel Entbehrung und harte Arbeit erwartete sie in Brasilien. Nun fahren wir durch gepflegte Dörfer und blicken über riesige Ackerflächen. Getreide, Mais und Soja wird im grossen Stil angebaut, auch Braugerste, die einheimische Genossenschaft Agraria ist mittlerweile der grösste Malzproduzent Südamerikas. Die Gemeinschaft der Donauschwaben hat sich hier etwas Grosses erarbeitet und aufgebaut.
Caroline betreibt das Restaurant Brot&Café, täglich gibt es ein Lunchbuffet und am Samstag dazu noch ein grosses Dessertbuffet, so schade ist nicht Samstag! Am nächsten Morgen zeigt Walter uns seine Flieger im Hangar, er sprüht mit seinem Flugzeug Felder für diverse Landwirte und bewirtschaftet auch selber einiges an Land.
Der Iveco hat auf dem Weg hierher leider schon wieder Fehlermeldungen ausgespuckt: "Motor kontrollieren 024"! Wir googeln und finden eine Iveco Garage in Cascavel, ein Stück vor Iguazu, super, dann lassen wir das nochmals überprüfen.
Wir verabschieden uns von allen, fahren los und sind gegen Abend bei der Garage, auch eine "Possoli Iveco" wie in Criciuma. Sofort kümmern sie sich um uns, fragen, notieren, viel Zeit bleibt aber nicht mehr, der Feierabend naht. Sie fragen uns ob wir hier in der Halle übernachten möchten und am anderen Morgen werden sie den Iveco durchtesten. Tiptop! Nach 18 Uhr wird es ruhig in der Werkstatthalle, nur die zwei Hunde wedeln uns um die Beine und freuen sich über ein paar Streicheleinheiten.
Die ganze Crew gibt sich unglaublich Mühe, sie hängen den Easy-Diagnosecomputer an, werten die Fehler aus, überlegen, testen, diskutieren...zweimal geht Beat mit einem Mitarbeiter auf Probefahrt inklusive angehängtem Computer, natürlich verhält sich der Iveco während diesen Fahrten ganz tadellos und fehlerfrei. Schlussendlich können sie uns nicht mehr anbieten als wieder die Fehler zu löschen, na dann, mal schauen...
Wir sind in Iguazu - bei den wunderschönen Wasserfällen! Schon einmal war ich hier, vor Jahren auf einer Reise mit unserer Tochter, und nun stehen wir mit dem Iveco hier, wow, unglaublich!
Auf einer Breite von 2700 m donnert das Wasser des Rio Iguazu in zahllosen Haupt- und Nebenfällen (20 grosse und 255 kleinere) in eine fast hundert Meter tiefe Schlucht, fantastisch! Zusammen mit den Niagarafällen in Kanada/USA und den Victoriafällen in Simbabwe sind das die grössten und mächtigsten Wasserfälle der Erde. Die Grenze von Brasilien und Argentinien verläuft in Längsrichtung durch den Fluss, die Wasserfälle können auf beiden Seiten bewundert werden, in Brasilien und in Argentinien.
Wir sind noch in Brasilien, frühzeitig am Morgen stellen wir den Iveco beim Besucherparkplatz ab und steigen um auf den Pendelbus. Das Wetter App zeigt nur Sonnenschein, aber genau heute hängt Nebel über den Bäumen. Wir ziehen die Kapuze über den Kopf und fahren auf dem Bus-Openairdeck mit viel frischem Wind im Gesicht die paar Kilometer bis zu den "Cataratas". Der Nebel hat sich gelichtet, sogar die Sonne scheint ein bisschen. Ein Trail führt entlang des Flusses mit immer wieder tollen Ausblicken, als Höhepunkt gibt es einen Steg hinaus auf den Fluss und nahe zu den donnernden Wassermassen, wow, so schön, wild, nass (wir) und eindrücklich, dieses Getöse, diese Gischt, diese pure Naturgewalt!
Wieder zurück beim Iveco können wir vis-à-vis gleich eintauchen in den Dschungel und in den grossen, grünen Vogelpark "Aves". Wunderschön was es hier alles an exotischen, farbigen Vögeln zu sehen und an Infos zu lesen gibt, auch ausgesetzte Tiere werden hier versorgt.
Nur ein Katzensprung entfernt ist der Camping vom Eco Hostel, dort findet der Iveco ein Plätzli und wir Ruhe nach dem anstrengenden Tag. Am nächsten Morgen früh hören wir ein Gezetter aus den Bäumen, neugierig suchen unsere Augen nach dem Grund. Wow, so cool, da sitzt eine ganze Affenbande zwischen den Ästen, schnell raus. Sie sind am Zmorge, zerlegen eine grosse Frucht des Jackfruchtbaums, Stück um Stück wird herausgerissen, verschwindet in den gierigen Affenmäulern, die Reste landen auf dem Boden, dazwischen gibt es kleine Machtkämpfe, die Affen turnen, schimpfen und kreischen, ein Schauspiel!
Nun wird es Zeit, wir fahren quer durch die Stadt und besichtigen den riesigen Staudamm von Itaipu. Der Damm staut den Rio Paranà, liegt an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien und ist ein Gemeinschaftsprojekt der beiden Länder. Es ist der 2. grösste Staudamm der Welt, 1984 wurde er in Betrieb genommen, jedes Jahr kamen neue Turbinen dazu, bis zu seiner kompletten Fertigstellung im Jahr 2007. Weltweit produziert kein Kraftwerk mehr Energie. Die Schattenseiten: viel suptropischer Regenwald wurde abgeholzt für das Projekt und viele Tausend Menschen, vor allem Guaranis, verloren damals ihre Heimat oder mussten umgesiedelt werden...
Der Grenzübertritt von Brasilien nach Argentinien braucht etwas Geduld, wir haben's gewusst. So viele Fahrzeuge und Leute pendeln hier jeden Tag hin und her um beide Seiten der Wasserfälle zu besuchen, dazu ist noch Ferienzeit in Brasilien und Argentinien, ein Chaos.
Schlussendlich klappt alles, wir sind ausgereist und wieder eingereist, auch der TIP für den Iveco haben wir im Sack. Von Argentinien bekommen wir keinen Stempel in unsere Pässe, es gelten einfach 3 Monate Aufenthalt, der Iveco darf 8 Monate im Land bleiben.
Wir sind in Argentinien! Hier heisst der Ort Puerto Iguazu, die Brasilianer nennen ihr Dorf Foz do Iguacu.
Als erstes fahren wir das nächste Western Union Büro an und wechseln US-Dollars in argentinische Pesos um. Die Inflationsrate in Argentinien liegt aktuell ein Stück über 100%, unglaublich hoch, das heisst, während für die Argentinier die Situation im Land immer schlimmer und alles immer teurer wird, können wir unsere US-Dollars zu einem sehr guten Kurs wechseln. Die Argentinier selber können das aber nicht, es fehlt ihnen an US-Dollars, eine ungerechte Situation...
Die grösste Note ist der 1000-Pesos Schein, für 1 US-Dollar bekommen wir aktuell 500 Pesos, man rechne wie dick das Bündel ist wenn man zbsp 500 US-Dollars wechselt...
Als zweites fahren wir zum 3-Länder-Eck, hier fliesst der Rio Iguazu in den Rio Parana, hier stehen wir auf argentinischen Boden, schauen über den Rio Iguazu nach Brasilien, wenden den Blick etwas nach links und schauen über den Rio Parana nach Paraguay, speziell, wir setzten uns unter die Bäume, machen Pause und geniessen diesen schönen Ausblick übers Wasser.
Auf unserem Weg zum Camping liegt noch ein kleiner verwunschener Garten voller Kolibris, der Einlass ist begrenzt, der Platz im Garten auch. Wir treten ein und sind in einem kleinen Vogelparadies! Überall hängen blumige Futterspender zwischen viel Grün und unglaublich viele der kleinen, zarten Vögel schwirren umher, trinken, schweben an Ort, fliegen weg, kommen zurück, alles passiert blitzschnell, sie sind kaum einzufangen mit der Kamera...wunderschön! Die Vögel sind völlig frei, sie können fliegen wohin sie wollen, aber natürlich lockt das Futter hier, so hat ein findiger Vogelfreund den Garten geschaffen und verzaubert nun Gross und Klein mit einem speziellen Erlebnis!
Am Dorfrand liegt der schöne Camping Tierra Roja, unser Ziel für heute. Es ist ziemlich voll hier, aber wir finden einen guten Platz, richten uns ein und machen Feierabend. Es ist richtig warm, um die 30 Grad, dazu ist es feucht und wir sind etwas kniebel. Nachdem der Campingwart viele viele Besucher prophezeit an den Wasserfällen am Wochenende, verschieben wir unseren Besuch auf "nach dem Wochenende" und geniessen einen Ruhetag.
Am Montag fahren wir noch fast im Dunkeln los zu den Iguazu-Fällen und sind erstaunt wieviele Menschen doch schon auf den Beinen sind. Die argentinische Seite der Wasserfälle ist umfangreicher als die brasilianische, es gibt mehr Trails zum Laufen und sogar ein kleines Bähnchen um die längste Strecke zum "Garganta del Diablo", dem "Schlund des Teufels", abzukürzen. Wir entscheiden uns die ganze Strecke zu laufen und bis wir dort sind und über den langen Steg diesen grössten Wasserfall erreichen, sind schon ein paar Bähnliladungen auch vor Ort...Gewaltig schön wie das Wasser hier auf dieser Breite in die Tiefe stürzt! Das Bähnli bringt uns ein Stück zurück und wir marschieren die anderen Wege ab, unterdessen wimmelt es von Leuten, puhhh. Auch hier gibt es immer wieder tolle Ausblicke! Sogar Tukane und andere exotische Vögel sehen wir durch die Bäume fliegen, Nasenbären und Affen tummeln sich in der Höhe, wir fühlen uns wie mitten im Urwald!
Zurück im Dorf steuern wir den Park "La Aripuca" an. Das Eingangstor ist aus zwei riesig grossen hohlen Baumstämmen erstellt, wir lösen das Ticket und werden gefragt woher wir kommen - "Aus der Schweiz" - die nette Frau wechselt auf Deutsch und meint, dann werde sie selber uns alles erklären. Spannend berichtet sie, wie sie und ihr Mann den Park gegründet haben, mit dem Hintergrund die Menschen an die ungesunde Abholzung vieler einheimischer Baumarten hier im Gebiet von Misiones und überall in Brasilien aufmerksam zu machen. So viele Bäume verschwinden und werden durch Monokulturen von Nadelbäume ersetzt oder es wird Weidegebiet für Tiere geschaffen. Sie zeigt uns die grossen alten Bäume am Eingang, diese mussten gefällt werden und lassen die Besucher ahnen was für Riesen auch hier noch in den Wäldern stehen können. Sie erzählt dass sie selber Kühe halten welche sich frei im Wald bewegen, mit viel Platz und Gras zum Weiden, dazu bauen sie biodynamische Mate-Sträucher an, super, wir haben noch kaum Sachen in Bioqualität entdeckt hier. Im Park steht auch ein grosses "Blockhaus", gebaut aus einzelnen Stämmen von verschiedenen einheimischen Baumarten, jeder Stamm ist angeschrieben mit Namen und wir sind beeindruckt ab der grossen Anzahl an Baumsorten. Daneben hat es ein nettes Restaurant, ein Lädeli, viele Holzsachen, ein schöner kleiner Park mit speziellem Hintergrund!
26. Juli - 01. August 2023
So, nun machen wir uns bereit, wir fliegen nämlich für einige Tage nach Mendoza, der Iveco wartet auf dem Camping Tierra Roja auf uns. Unsere Tochter ist mit einem Argentinier verheiratet, sie leben in der Schweiz, besuchen aber regelmässig seine Familie in Mendoza, so wie gerade jetzt. Da wir auch "im Land" sind, quasi ums Eck, möchten wir sie natürlich treffen und freuen uns sehr auf ein paar schöne gemeinsame Tage.
Zurück in Iguazu fahren wir nun südwärts durch Misiones, dann quer durch den grossen Chaco und Richtung Nordwesten von Argentinien!