02. August - 12. August 2023
Es ist heiss in Iguazu, wir fahren weiter, südwärts durch die kleine Provinz Misiones, die Wärme bleibt. Das leicht hügelige Gebiet von Misiones war lange ein unberührter Urwald, aber die letzten Jahrzehnte wurde so viel abgeholzt dass der Wald heute nur noch knapp ein Drittel so gross ist wie vor 100 Jahren. Es wird viel Yerba Mate angebaut und schnellwachsende Pinien, oder wie überall Land geschaffen für die Rinderzucht.
In Wanda möchten wir die kleine Mine besuchen wo schöne Halbedelsteine ans Tageslicht geholt werden. Auf der Zufahrt zur Mine werden wir angehalten und auf ein Parkfeld gelotst, der Grund ist dass wir schon hier aufgefordert werden den Shop zu besuchen…wir fahren weiter bis zur Mine. Von einem jungen Mann bekommen wir eine Führung in Englisch, sie ist kurz aber es ist sehr interessant was er alles erzählt. Kaum zurück geleitet er uns direkt in den Shop, die Verkäuferinnen stehen bereit, er meint er stehe uns zur Verfügung für die Übersetzung, zeigt uns Schmuck und bleibt neben uns stehen, die Kauf-Erwartungshaltung ist gross, wir fühlen uns beobachtet und gar nicht wohl, schade, es scheint uns dass das Ziel hier nicht wirklich ist die Mine und die Steine zu zeigen, sondern möglichst viel zu verkaufen im Shop.
Dann möchten wir eigentlich einen Abstecher ostwärts in den Dschungel machen um die speziellen Längswasserfälle von Mocona zu bewundern.
Aber der Iveco macht uns wieder die grössten Probleme, es hagelt Fehlermeldungen, innert 20 Kilometern leuchtet sicher 14 mal das kleine Alarmlicht auf: "Motor kontrollieren 024"! Bei jedem Alarm geht der Iveco-Motor augenblicklich in den Notlauf, das heisst, zum Schützen des Motors wird die Motorleistung sofort stark gedrosselt, der Iveco kriecht nur noch dahin, mehr Gas geben ist nicht möglich. Bei jedem Alarm müssen wir darum so schnell wie möglich von der Strasse fahren, den Motor abstellen, ein paar Minuten warten, neu starten, weiterfahren - der Notlauf ist dann weg, bis zum nächsten Alarm. Und es gibt viele Fehlermeldungen, eine ganze Serie von ca. 14 Alarmen inklusive 14 Notläufen innerhalb rund 20 Kilometern, ein Graus! Die Strasse ist sehr befahren, es geht rauf und runter und die Lastwagen brettern was das Zeug hält. Wir googeln, die nächste Iveco Garage ist in Posada, heute kommen wir nicht mehr dorthin, so fahren wir, mit ständigen Unterbrüchen, bis nach San Ignacio, besichtigen die alte Jesuiten-Mission und finden einen schönen Nachtplatz mit Strand direkt am breiten Rio Parana.
Am nächsten Morgen fahren wir direkt nach Posada, fast ohne Fehlermeldung kommen wir vorwärts. Die Mitarbeiter bei Iveco Avelli sind so nett wie alle bisherigen, es wird wieder gesucht unter der Motorhaube, die Fehler werden ausgelesen mit dem Easy-Diagnosegerät, Probe gefahren, dann wechseln sie einen kleinen Filter am Magnetventilschalter aus und meinen DAS könnte der Übeltäter sein. Unser Filter sieht nicht mehr schön aus, der Mechaniker bemerkt dass das ja noch der Originalfilter ist, bei unserem Tachostand von aktuell fast 148’000 km - „Wir wechseln diesen Filter hier in Argentinien alle 10’000 Kilometer aus“ sagt er - soso, da wären wir ja zünftig im Hintertreffen, das wären dann etwa 14 Filter Rückstand!
Wir denken positiv, sind zuversichtlich, freuen uns dass sie etwas gefunden haben, fahren gut gelaunt über Ituzaingo bis nach San Miguel und stellen uns dort am Abend auf den Camping beim schönen, kleinen See.
Hier sind wir am Rande des Naturreservates „Estero del Ibera“, das ist eine rund 13’000 km2 grosse Wasser- und Sumpflandschaft, reich an Pflanzenarten und Tieren, wie ein kleines Abbild des riesig grossen Pantanals in Brasilien.
Am nächsten Morgen fahren wir knapp 30 schöne, weite Schotterkilometer bis zum Portal San Nicolas, auf dem Weg treffen wir schon auf die ersten Capybaras und Sumpfhirsche. Hier am Eingang empfängt uns ein Ranger und erklärt uns was wir für Trails laufen können, dass wir hier übernachten dürfen und dass ein paar Kilometer weiter der Puerto Carambole ist, dort gibt es Boote für eine Wassertour. Nichts wie hin! Die Boote sind gerade unterwegs, wir warten, plaudern mit einem Guide und erfahren einiges: das Wasser ist im Moment so tief wie schon lange nicht mehr, seit 3 Jahren hat es kaum geregnet hier - viele Capybaras liegen am Ufer, sie sind gar nicht scheu, so herzig, und sie werden hier „Carpinchos“ genannt - die Kaimane oder „Yacares“, wie sie hier sagen, sind wieder zahlreich vertreten - Vögel hat es im Moment nicht sehr viele - und zu dieser Jahreszeit sollte es um die 12 Grad sein…aktuell messen wir über 30 Grad, Grund ist ein spezielles Wetterphänomen über Südamerika! Die Boote kommen zurück und wir dürfen einsteigen. Gemütlich gondeln wir auf dem Wasser dahin, der Bootsführer treibt das Boot mit einem Stab vorwärts, so niedrig ist der Wasserstand. Unzählige Kaiman-Augen beobachten und verfolgen uns, ganz still und reglos liegen sie im Wasser, andere sonnen sich am Ufer, wie erstarrt, ohne Mucks…sind die überhaupt echt…klar, sind sie! Auch Vögel drehen ihre Runden in der Luft oder fliegen auf wenn wir zu nahe kommen, nicht so viele, aber schöne. Wir drehen um und sind bald wieder zurück beim „Hafen“. Um Trails zu laufen ist es uns zu heiss, wir kehren zur Rangerstation zurück und verbringen den Nachmittag im Schatten auf dem schönen Areal, inklusive einem herrlichen Sonnenuntergang am Abend, wunderbar!
Wir möchten in den Nordwesten von Argentinien…das heisst, es liegen nun knapp 1000 Kilometer durch den grossen Chaco vor uns, eine flache Gegend mit Nichts. Das heisst ein paar Sachen entdecken wir doch auf der Fahrt durch den Chaco: viel Wind, Unmengen an Staub so fein wie Puderzucker, viel Rauch…überall brennt es, Gras brennt, Holz brennt, es gibt etliche Kohlenmeiler die brennen und rauchen, Unmengen an Holz wird verarbeitet, gesägt für Bretter, zerteilt für die Kohlenhäuschen, zum Kochen, Grillieren, Backen oder für die Schwellen der Eisenbahnstrecke die uns fast den ganzen Weg begleitet. Wir sehen unglaublich weite, grosse Felder und riesige Erntemaschinerien, Lastwagen voller Baumwolle, kleine, nicht sehr einladende Dörfer, Armut, verendete Tiere am Strassenrand, von Hunden über Schweine bis zu Pferden. Wir begegnen auch schön gekleideten Gauchos auf edlen Pferden, unterwegs zu einem Fest, wir überholen eine velofahrende Prozession die eine Heiligenstatue begleitet und grüssen viele Einheimische die uns interessiert zuwinken.
Irgendwann erreichen wir Salta. Wir quartieren uns auf dem Camping beim grossen Balneario-Schwimmbad ein, dieses hat im Moment kein Wasser, angeblich ist es nur während zwei Monaten im Sommer gefüllt. Wir haben hier zuerst noch etwas zu erledigen, schon wieder der Iveco…bei den Aufhängungen der Stabilisatoren sind zwei Teile gebrochen, die die Kunststofflager umschliessen. Wir finden einen guten Mechaniker, Vater und Sohn betreiben die Werkstatt und innerhalb von zwei Stunden haben sie die Teile demontiert, zurechtgebogen, geschweisst und wieder montiert, super! Nun haben wir Zeit für die Stadt, schlendern durch die Gassen und das Zentrum, uns gefallen die schönen kolonialen Gebäude, aber weniger die vielen billigen Shops in der Fussgängerzone. Salta hat einen Hausberg, der Cerro San Bernardo, erschlossen mit einer CH-Garaventa-Seilbahn. Natürlich nehmen wir das Gondeli in die Höhe und bewundern den Blick über die Stadt von oben.
Wir sind nahe den hohen Bergen und freuen uns unglaublich auf diesen Nordwesten von Argentinien!
Als erstes möchten wir einen Abstecher südwärts machen, über eine Bergkette Richtung Cachi und in die Weinregion von Cafayate, bevor wir dann nordwärts rollen. Der Tank ist voll, der Kühlschrank auch, wir verlassen die Stadt und träumen schon von einem schönen Nachtplatz heute Abend im Nirgendwo, tauchen ein in die Bergregion, entdecken schon rote Felsen, wow so schön, es geht aufwärts…und aus ist der heutige Traum!
Es wiederholt sich das genau gleiche Szenario wie vor rund einer Woche in Misiones, wieder spuckt der Iveco diverse Fehlermeldungen aus "Motor kontrollieren 024", jeder Alarm begleitet von einem sofortigen Notlauf des Motors - anhalten, Motor abstellen, warten, weiterfahren, viele Male! So können wir nicht in die Berge und ins Abseits fahren! Unsere Stimmung ist auf dem Tiefpunkt, die nächste Iveco Garage ist in Salta, also die 80 Kilometer retour nach Salta. Es ist die erste Garage die uns abweist „Wir haben leider keine Zeit für euch, vielleicht so in einer Woche.“ Nein, so lange bleiben wir nicht in Salta. Hat es denn sonst noch irgendwo eine Iveco Garage? „Ja, in Jujuy, das ist 100 Kilomter nördlich. Soll ich dort anrufen für euch?“ Ja, gerne! Er macht ein Telefon und meint, in Jujuy haben sie Zeit, wir bekommen einen Termin für den nächsten Tag. Dann fahren wir jetzt also nordwärts…es ist schon später Nachmittag, sie hängen in Salta noch kurz den Diagnosecomputer an den Iveco, sehen die vielen Fehlermeldungen, löschen diese aber nicht, die werden gespart für Morgen, für die Garage in Jujuy. Er meint wir sollen am besten ohne anhalten bis nach Jujuy fahren. So ganz ohne anhalten geht das aber nicht, ein Stück vor Jujuy bleiben wir knapp vor der Dunkelheit auf einem Camping stehen und am nächsten Morgen um halb 9 rollen wir bei Iveco Rani durchs Tor. Das Prozedere startet von neuem, es muss ein Stromproblem sein, meinen sie, finden schlussendlich Wackelkontakte bei den Kabeln/Polklemmen zur Batterie und optimieren auch die Massen-Anschlüsse. Nachdem sie auch noch die lockere Fensterscheibe auf der Fahrerseite neu befestigt haben werden wir mit einem „Suerte y buen Viaje!“ entlassen. So ganz trauen wir der Sache noch nicht, gehofft haben wir schon mehrmals...es wird sich zeigen.
Wir fahren ein Stück aus der Stadt, biegen ab in ein Tal und sind bald bei den Thermen von Reynes, hier bleiben wir auf dem grossen Parkplatz stehen, auch am nächsten grauen, nebligen Regentag.
Nun fahren wir weiter nordwärts in die farbige Bergwelt!