27. August - 08. September 2023
Es ist Sonntagmorgen - weil es gestern schon fast dunkel war bis Gabriel, der Mechaniker, alles fertig hatte am Iveco, blieben wir die Nacht noch bei der Garage stehen. Wir sind hier gut bewacht, das ganze Gelände der Garage ist eingezäunt, Tag und Nacht wacht ein Wächter, und in der Nacht auch Hunde, wer reinkommt und wer rausgeht, sogar alle Mitarbeiter werden am Abend kontrolliert bevor sie das Gelände verlassen, sie müssen den Kofferraum öffnen, jeder Rucksack und jede Tasche wird inspiziert, jeder Kunde muss sich anmelden und wieder abmelden, die bezahlte Rechnung muss bei der Abfahrt vorgezeigt werden...wir haben während vielen Tagen Einblick in diesen Garagenalltag und die Rollen der Mitarbeiter.
Auf der Probefahrt am Samstag gab es ein kleines Desaster, kaum gestartet überhitzte der Motor weil der Viscolüfter nicht ansprang! Was ist denn jetzt wieder los? Beat und Gabriel rollten süferlig zurück zur Garage, es folgte, anstatt Feierabend am Mittag, ein langer Nachmittag für Gabriel mit der aufwändigen Suche nach dem neuen Fehler! Bald hingen Kabel in allen Farben aus dem Motorraum, irgendwann hat Gabriel irgendetwas zusammengehängt und siehe da, der Viscolüfter sprang wieder an.
Voller Hoffnung, mit einem neuen Turbo im Iveco, starten wir also einmal mehr!
Wir entscheiden uns, doch noch die nördliche Runde zu fahren, wie ursprünglich vorgesehen, es wäre wie eine Proberunde. Stetig geht es aufwärts durchs Tal Richtung Abra Pampa, schnell gewinnen wir an Höhe. Jujuy liegt auf knapp 1200 müM, 130 Kilometer talaufwärts in Humahuaca sind wir auf fast auf 3000 müM, es läuft gut, wir freuen uns. Es kann doch nicht anders sein mit diesem neuen Turbo, als dass der Iveco jetzt einfach läuft! Wir schlängeln uns durch farbige Berge, kommen wieder auf die Ebene, wir geniessen das Rollen der Räder, plaudern, planen, wir nähern uns der Stelle an der wir schon einmal umgedreht sind, wir hören DAS Geräusch, schauen aufs Display, nein, keine Glatteisgefahr, es leuchtet: Motor kontrollieren 024! Auch der Notlauf ist da, wie immer! Wir stoppen, schauen uns an, die Tränen schiessen mir in die Augen, so gross ist die Enttäuschung!
Eine lange Weile stehen wir am Strassenrand, und fahren dann einfach weiter, wir wollen jetzt in die schöne Natur! Bis Abra Pampa zählen wir 6 Fehlermeldungen + 6 x gibt es einen Notlauf des Motors. Hier gibt es eine Strassenblockade, wir haben's gewusst, nach knapp zwei Stunden öffnen sie die Sperre, alle Fahrzeuge dürfen fahren, danach wird die Strasse wieder blockiert für die nächsten Stunden.
Von Abra Pampa nehmen wir die Piste Richtung Lagune Pozuelos und geniessen unseren Nachtplatz inmitten der Pampa. Wie schön der Himmel ist im Abendlicht! Weiter geht es durch die Ebene, wir sehen viele Lamas und auch die scheuen kleineren Vicunas, durch ein Tal und über Berge erreichen wir das kleine Dorf Liviara. Unterwegs treffen wir auf eine Mine, dazu gibt es immer wieder Lastwagen auf der Piste die uns in Staub hüllen. Die Minen sind ein heikles Thema, viele Menschen wehren sich gegen die Ausbeutung der Natur, demonstrieren und behindern den Verkehr mit Strassenblockaden, wir verstehen sie. Von Liviara fahren wir nordwärts und machen einen Abstecher zum Valle de la Luna vor Cusi Cusi. Die Gegend ist herrlich und hinter jeder Kurve gibt es neue Farben und Felsen, Flussläufe, Dünen und kleine Weiler mit einfach Häusern. Das Valle de Luna ist wunderschön, zuerst der Blick von oben, dann steigen wir hinunter ins Tal und wandern zwischen den farbigen und roten Hügeln, wow!
Beim Weiterfahren will Beat Diesel vom Zusatztank in den Haupttank pumpen, aber die Dieselpumpe funktioniert nicht mehr! Hei, was haben sie in der Garage noch alles kaputt repariert! Wir hatten noch nie ein Problem mit unserer Dieselpumpe! Hoffentlich reicht der Diesel im Haupttank bis zur nächsten Tankstelle, sonst müssten wir unsere Handpumpe in Betrieb nehmen.
Auch die Fahrt retour bis wieder nach Liviara ist ein Genuss, wir sehen nun alles von der anderen Seite, mit neuen Eindrücken. Auf der Routa 40 geht es weiter und weiter Richtung Süden bis nach Susques, toll ist die Landschaft, ständig ändert sich das Bild, mal fahren wir durch ein Tal, mal über Berge, wir passieren kleine Dörfer und stehen vor einer weiteren Strassenblockade in Coranzuli, dieses Mal warten wir vier Stunden.
Die Nächte sind kalt, die Tage sind schön, warm und windig, überall ist das Wasser der kleinen Flüsse und Tümpel gefroren, die Gegend ist karg und weit, langsam kommt der Frühling, wir sehen schon zaghaft Blätter spriessen und entdecken einzelne farbige Blumen. Die Lamas mit ihren farbigen Zötteli an den Ohren und im ganzen Fell sind bunte Tupfer in der Landschaft, die Vicunas übersieht man fast mit ihrem hellen Fell, aber bei genauem Hinsehen entdecken wir so viele.
In Susques müssen wir uns entscheiden, weiter südwärts auf der RN40 Richtung San Antonio de los Cobres, wie schon lange geplant, oder nach Osten, über den Salzsee Salinas Grandes und den Pass retour nach Jujuy. Inzwischen hat der Iveco wieder über 30 Fehlermeldungen+Notläufe angehäuft, die Entscheidung ist leider klar.
Es will uns auch niemand eine Antwort auf die Frage geben, was wohl passieren kann wenn wir einfach weiterfahren, die Fehler sich kumulieren und kumulieren...es ist keine Lösung, die Ursache muss gefunden werden, das ist die einzige Lösung.
Beim Salzsee geniessen wir schon mal einen Eindruck was uns dann irgendwann im nächsten Frühling in Uyuni in Bolivien erwartet, auf dem riesigen Salar. Wir schrauben uns hoch auf den Pass und in vielen Kurven geht es abwärts bis nach Purmamarca, so schön!
Wir staunen, so viele Autos stehen überall am Strassenrand in Purmamarca, wir entdecken herausgeputzte Pferde auf denen schön gekleidete Gauchos sitzen oder Frauen in festlichem Gewand, sie feiern ein Fest! Wow, schnell parkieren und hin! Leider sehen wir nur noch das Ende des Umzugs, aber doch schön, noch etwas mitten im Geschehen zu sein, die Pferde dampfen und stampfen, es ist ein nervöses Getrappel und Gezerre, der Ton ist laut, der Umgang mit den Pferden rau. Wir spazieren durchs Dorf, höckeln beim schönen Platz, beobachten das Geschehen und übernachten dann oberhalb des Dorfes.
Am Donnerstag 31. August fahren wir wieder in Jujuy vor. Es ist wie es ist hier, wir warten mal eine Runde und noch eine Runde, dann ist Mittagspause, also noch eine Runde. Gabriel, der junge Mechaniker der unseren Iveco bald in- und auswendig kennt und praktisch alle Arbeiten gemacht hat bis jetzt, sollte um 14 Uhr hier sein, aber bis er kommt ist es fast Abend, somit passiert nicht viel an diesem Tag. Sie machen die Diagnose mit dem Easy-Computer, es zeigt nach wie vor unzählige Fehler mit niederem Ladedruck an, wie schon vor dem Turbowechsel, dazu gibt es noch andere Fehler, neu verursachte durch all die Arbeiten am Auto oder woher auch immer. Sie reden von einem Stromproblem, vom Steuergerät dass sie umprogrammieren wollen etc. Wir möchten dass sie zuerst nochmals alle Leitungen und Rohre testen. Wir sind in regem Kontakt mit Europa und bekommen Iveco-Support mit vielen Informationen und Ideen, das ist super und wir sind sehr froh um die Unterstützung. Aber es ist nicht ganz einfach, diese Vorschläge bei den Mechanikern hier einfliessen zu lassen, oder ihnen vorschreiben zu wollen was sie tun sollen. Am Freitag kontrolliert Gabriel nochmals die Leitungen und wechselt einen Sensor aus, am Samstagmorgen repariert er die defekte Dieselpumpe und schickt uns anschliessend ins Wochenende, Testfahrt.
So weit kommen wir nicht in 1.5 Tagen, die Zeit reicht für einen weiteren Talausflug. Wir spulen einige Kilometer ab und geniessen einen tollen Natur-Nachtplatz. Es gibt weitere Alarme, wir merken dass die Lüftung/Heizung/Klimaanlage und der Tempomat nicht mehr funktionieren! Und am Sonntag hören wir, jedesmal wenn Beat Gas gibt, ein komisches schleifendes Geräusch aus dem Motor, das haben wir bis jetzt noch nie gehört! Anstatt weniger gibt es immer mehr Unklarheiten!
Am Montag sind wir zurück bei Iveco Rani in Jujuy, nach Probefahrten und vielen Blicken in den Motor entdeckt Gabriel schliesslich ein Rohr mit einem Loch, es ist der Ladeluftkühlerschlauch! Dazu ist das ganze Rohr sehr brüchig und überall wo es undicht ist hat es feuchte Spuren.
Wir sind schockiert! Wie kann es sein, dieses Rohr zu übersehen, wo sie uns immer wieder versichert haben dass alles kontrolliert ist, alles getestet, alles dicht, alles in Ordnung ist? Wir kamen uns schon komisch vor als wir erneut verlangten nochmals alle Leitungen zu prüfen die einen Zusammenhang mit dem Turbokreislauf haben. Und nun kommt ein solches Rohr zum Vorschein! Unglaublich! Klar kann sich dieses Loch vergrössert haben, aber die Brüchigkeit des Rohres hätten sie eindeutig erkennen müssen, schon längst, wir sind das 6. Mal in dieser Garage!
Hier am Lager ist keines vorhanden, Gabriel bestellt sofort eines, es sollte am Donnerstag eintreffen. Na ja, wenn DIESES Teil die Lösung aller Probleme ist, warten wir gerne noch. Sie können uns allerdings nicht sagen ob es wirklich so ist.
Unterdessen gibt es noch einiges zu tun, diese "neu produzierten kaputten Sachen" müssen geflickt werden. Gabriel baut den Ventilator aus, eine Sicherung wird ersetzt, er befüllt die Klimaanlage mit neuem Klimagas, entdeckt einen Schalter mit Feuchtigkeit, nimmt die halbe Elektronik auseinander, reinigt Sicherungen...wir haben keinen Überblick mehr, so viele Kabel überall!
Das Rohr kommt schon am Mittwoch, super, am nächsten Tag machen Beat und Gabriel eine Probefahrt, ich warte. Als sie zurückkommen steigt Beat aus, schüttelt den Kopf und meint "Wir laufen jetzt nach Hause, ich habe genug!". Immer noch werden Fehler angezeigt, im Moment keine Ladedruckfehler, aber irgendetwas stimmt mit der Klimaanlage nicht. Es folgt ein weiterer Nachmittag der Fehlersuche. Schlussendlich heisst es die Klimaanlage ist (auch) defekt, sie können das aber nicht reparieren. Okay, das ist nicht weiter schlimm, wir können uns irgendwann darum kümmern, dürfen sie einfach nicht einschalten.
Wir fahren jetzt los!