September 2023 - Entscheidung

08. September - Ende September 2023

 

Dies ist unser letzter Reisebericht von Südamerika  - es ist nicht der Schlauch mit dem Loch beim Iveco, und wir treffen eine Entscheidung.

Am Freitag 08. September geht es wieder los, wir fahren durch das Tor der Iveco Rani in Jujuy, mit grossen Plänen im Kopf, weil, für uns ist ganz klar dass nun das letzte Detail der ganzen Iveco-Reparaturgeschichte über die Bühne ist, der Schlauch mit Loch ist (auch noch) ersetzt und nun haben wir freie Bahn!

Es ist grau und windig auf unserem Weg nach Salta, wir knüpfen dort an, fahren von Salta aus etwas südwärts, biegen ab, durchqueren die Berge und staunen später im Abendlicht über die tolle Landschaft im Los Cardones NP. Der Iveco fährt ohne Mucks den Berg hoch und den Berg runter, wir haben richtig Freude und unser Gefühlsbarometer klettert in die Höhe. Zwischen Kaktus finden wir einen herrlichen Nachtplatz und geniessen es unglaublich wieder mal in Ruhe abseits zu stehen inmitten der Natur, wir liegen gemütlich im warmen Bett, sinnieren über die Welt und schauen durch die Dachluke in den Himmel, über uns breitet sich ein riesiges Sternenmeer aus, welche Freiheit!

Am nächsten Tag fahren wir durch die trockene Wüstenlandschaft weiter nordwärts bis nach Cachi, ein uriges Dorf mit grünem Park, Lädeli und schönen Gassen. Wir decken uns nochmals ein mit Diesel, Gemüse und Früchten, dann rollen wir gemütlich auf der steinigen Piste hinein ins lange Tal bis zum Fusse des Passes Abra del Acay. Das Tal wird bis weit hinauf bewirtschaftet, überall sind Tiere und die kleinen Ackerflächen sind schon grün oder werden bald bereit gemacht für die neue Saat, der Frühling kommt. Das Tal wird enger, wir sind nun auf 3400 müM, genug an Höhe für heute, wir stellen uns in eine Nische und bleiben hier stehen für die Nacht. Der Wind fegt zügig und frisch durch's schon schattige Tal, nebenan plätschert der Bach und hin und wieder fährt ein knatternder Töff vorbei. Auch heute hat sich der Iveco nicht beklagt, super, unser Vertrauen ins Fahrzeug kehrt langsam zurück, jetzt ist bestimmt alles gut, juheee! Wir haben nämlich noch einiges vor bis Ende September. Nach dem Pass werden wir in San Antonio de los Cobres sein, von dort möchten wir beim hohen Eisenbahnviadukt von La Polverilla vorbei fahren, dann weiter zum Salar Pocitos, Tolar Grande, Cono de Arita, Salar Antofalla...langsam südwärts durch diese Puna-Gegend mir all ihren Naturwundern, schon so viele Bilder habe ich gesehen, diese sind gespeichert in meinem Kopf, nun sind wir so nah und die Zeit sollte noch reichen, mindestens für einen Teil.

Geplant ist schon lange, dass wir im Oktober zurück nach Uruguay fahren und für  6 Wochen nach Hause fliegen um unser drittes Enkeli willkommen zu heissen. Zurück im November würden wir dann direkt Richtung Patagonien fahren.

Zeitig sind wir munter am nächsten Tag, langsam erwacht das Tal, die Sonne tastet sich über die Bergspitzen, schön! Wir machen alles bereit und starten den Iveco, los gehts, wir sind gespannt auf diesen hohen Pass. Dann hören wir es, den Alarm! Die so schöne Stimmung ist im Nu verflogen, die Freude nimmt der Bach neben uns mit, die fliesst hinunter ins Tal und versickert in der weiten, staubigen Ebene! Zurück bleibt eine riesige Enttäuschung, eine Vorahnung krallt sich in meinem Kopf fest, niemand will es aussprechen, ich schon gar nicht, ich will es nicht hören und nicht darüber nachdenken was das heisst, aber ich weiss es, tief drin, wir wissen es beide, die letzte Chance ist vertan! Wir haben schon darüber gesprochen, was wäre wenn, und wir wissen was jetzt kommt.

Aber ich will noch mehr hören, mehr sehen, mehr Alarme, mehr Notläufe, mehr "Motor defekt" auf dem Display bevor ich es glaube! Einer kann ja sein wie keiner! "Komm Beat, wir fahren mal weiter, vielleicht ist das nur noch ein einzelner Ausrutscher, und jetzt ist Ruhe auf dem Display!" Ich glaube nicht was ich sage, obwohl ich eigentlich immer ans Gute glaube.

Der Pass ist hoch, knapp 5000 müM, das sind noch 1600 Höhenmeter opsi. Wir fahren weiter, still ist es, drinnen und draussen, schön ist das Tal, so einsam, ruhig und klar der Morgen. Stetig geht es aufwärts auf dieser schmalen, kurvigen Piste, es ist eng, dann wir es breiter und bald sind wir ganz an der Sonne, herrlich! Der Himmel ist blau und wolkenlos, an den weiten, kargen Hängen rund um uns sehen wir viele Guanacos oder Vicunas weiden, sie hören den Motor und stieben davon, bleiben wieder stehen und beobachten neugierig wer da kommt. Es gibt noch jene EDC's+Notläufe bis wir auf dem Pass sind, aber es ist nicht allzu steil, wir können gut anhalten, den Motor abstellen, warten und weiterfahren. Dann sind wir am höchsten Punkt, wow, 4950 müM zeigt unser App an, so hoch waren wir noch nie! Es windet wie verrückt, wir müssen die Autotüre gut festhalten beim Aussteigen, wir merken die dünne Luft, aber ein bisschen verweilen und ein Foto muss natürlich sein bevor es langsam wieder abwärts geht!   

San Antonio de los Cobres ist ein staubiger Ort und gefällt uns nicht wirklich. Aber er ist wichtig für den Zug zu den Wolken, den "Tren a las Nubes", der Touristen von Salta bis hier hoch bringt und noch weiterfährt bis zum gewaltig hohen Viadukt Polvorilla. Dieses Viadukt möchten wir auch noch sehen, einmal den Iveco darunter parkieren, das machen wir und fahren die noch 20 Kilometer bis dorthin und wieder retour, die Iveco-Alarme kommen mit. 

Nun drehen wir um, anstatt weiter auf der Piste Richtung Salar Pocitos zu fahren, nehmen wir die RN51 zurück Richtung Salta. Die Strecke ist super schön, es ist auch die Strecke die der Zug nimmt. Wir übernachten im Tal, lassen uns noch eine Nacht Zeit, man sagt ja immer "Schlafen wir nochmals drüber", aber wir schlafen nicht gut, und "drüben", am anderen Morgen ist alles noch wie am Abend zuvor, unsere Gefühle fahren Achterbahn.

Wir stehen vor einem grossen Problem mit unserem Iveco, das anscheinend hier nicht zu lösen ist, sonst wären die vielen Garagenbesuche längst von Erfolg gekrönt. So weiterreisen können und wollen wir nicht. Wir können so nicht die Strecken fahren die wir möchten, uns hunderte Kilometer auf Pisten im Abseits bewegen, wir kennen die Ursache des Problems nicht und wissen nicht was diese immer wiederkehrenden Störungen mit dem Iveco machen!

Schweren Herzens entscheiden wir uns: wir verschiffen den Iveco zurück nach Hamburg und brechen die Reise ab! Wir müssen uns jetzt entscheiden, wir können nicht mehr warten, entweder bringen wir den Iveco noch vor unserem Flug im Oktober aufs Schiff in Montevideo, oder wir müssten jetzt wieder in eine Iveco-Garage, alles neu aufrollen, weiter nach dem Fehler suchen, warten, im Ungewissen sein, den Iveco in Südamerika stehen lassen während wir nach Hause fliegen, im November zurück kommen und nicht wissen ob's jetzt gut ist oder nicht, für uns ist das keine Option. 

Mit der Entscheidung kommt vieles ins Rollen. Wir schreiben an Seabridge wegen der Verschiffung, die Grande Francia verlässt ca. am 27. September Montevideo, der Iveco kann mit. Gleichzeitig verschieben wir unsere Flüge etwas nach vorne. Da wir viele Kilometer vor uns haben bis nach Montevideo machen wir uns auf den Weg, über Cafayate, durch die Berge Richtung San Miguel de Tucuman, weiter durch die endlose Pampa nach Santa Fe und zur Grenze nach Uruguay bei Fray Bentos. Fünf Tage später rollen wir über den Rio Uruguay von Argentinien nach Uruguay und sind zurück am Ort wo unsere Reise im Mai begonnen hat.

Nun gibt es einiges zu tun, wir machen einen Abstecher zum Büro von KMA in Montevideo, bringen alle nötigen Papiere vorbei für die Verschiffung und bezahlen die Hafengebühren.

Anschliessend nisten wir uns nochmals für ein paar Tage bei Susanne + Ruedi auf der Posada Casavieja ein um den Iveco schiffsfertig zu machen. Schon im Mai waren wir hier, werden wieder mit offenen Armen empfangen und mmhhh, einmal mehr so fein bekocht, das geniessen wir, und daneben können wir in Ruhe alles umräumen, packen und fertig machen im Iveco.

Auch Sybille und Hermann sind gerade hier zu Gast, in einem Bungalow, sie sind schon viele Jahre unterwegs in ihrem D-Hai, ihr Iveco kommt bald mit der "Grande Francia" in Montevideo an und für sie beginnt dann die Reise durch Südamerika, siehe auch unter: www.d-hai.ch. Es gibt viel zu schwatzen und wir geniessen, neben der Arbeit rund um den Iveco, die nette lustige Gesellschaft.   

Alles ist bereit und es ist Zeit für Montevideo...wir bringen den Iveco in den Hafen, byebye Iveco, wer hätte das gedacht dass du jetzt schon wieder hier stehst? Wir nicht, niemals! Es kommt uns alles noch ganz unwirklich vor und immer wieder fragen wir uns ob es die richtige Entscheidung ist. Jetzt durch dieses Flachland hat der Iveco nämlich keine Fehlermeldungen gemacht, genauso wie im August die Kilometer durch den grossen Chaco nach Salta. Aber das darf uns nicht täuschen, etwas stimmt nicht unter dieser Motorhaube, somit "Ja, es ist die richtige Entscheidung!"

Nun bleiben wir noch ein paar Tage in Montevideo, geniessen den schönen Blick vom Hotel auf den Rio Plata, treffen Sybille und Hermann nochmals plus andere Reisende, und Anfang Oktober fliegen wir zurück in die Schweiz...und schon ist unsere Zeit hier in Südamerika für den Moment Geschichte, unglaublich!

Sobald alles wieder im Lot ist mit unserem Fahrzeug (wir sind ja gespannt!) können wir neue Pläne schmieden, vorerst sicher Europapläne, frühestens in einem Jahren würden wir eine neue Verschiffung nach Südamerika in Angriff nehmen, dieser Kontinent steht nach wie vor auf unserer Wunschliste, aber nun eins nach dem anderen.

So freuen wir uns jetzt sehr auf die Familienzeit zuhause, auf unsere kleinen Enkel, auf alle, im Winter werden wir viel im schönen Engadin sein...und dann sehen wir weiter!

 


Pink - Unsere Strecke in Argentinien vom 08. September 2023 - Richtung Uruguay
Pink - Unsere Strecke in Argentinien vom 08. September 2023 - Richtung Uruguay

Unsere Südamerikarunde durch Uruguay/Brasilien/Argentinien vom Juni - September 2023
Unsere Südamerikarunde durch Uruguay/Brasilien/Argentinien vom Juni - September 2023