17. Oktober - 04. November 2024
Wir fahren aus der Stadt, Tschüss Montevideo, unter uns rollen die Ivecoräder und machen Strecke, wie schön sich das anfühlt…wir kennen die Strasse Richtung Colonia, nach rund 180 Kilometern biegen wir ab auf die Schotterpiste, zweimal ums Eck und schon sind wir bei der Posada Casavieja von Susanne und Ruedi. Nach einem Kafi und den ersten News parkieren wir den Iveco und gehen an die Arbeit, umräumen, neu einräumen und schon bald fühlen wir uns wieder richtig zuhause in unserem Chäreli. Zwei weitere CH-Fahrzeuge, Nachbarn von unserem Iveco auf dem Schiff, trudeln ein, so gibt es viel zu erzählen beim Znacht, und wie immer geniessen wir die feine Küche von Susanne.
Am anderen Tag fahren wir nach Colonia um unsere Gasflasche zu füllen, beim dritten Gashändler klappt es. Der erste ist nicht da, der zweite wehrt vehement ab und meint wir sollen doch zum dritten gehen eine Strasse weiter. Okay - als der Arbeiter unsere deutsche Gasflasche sieht wirft er die Hände in die Luft „Nein, diese Flasche können wir nicht füllen“. Er holt den Chef, wieder die gleichen Worte „No No“! Wir haben den richtigen Adapter dabei, eigentlich sollte mit diesem die Flasche gefüllt werden können. Der Chef hat wohl Erbarmen und meint wir sollen die Flasche reinbringen und siehe da, wenn man will dann geht es, nach ein bisschen hin- und herdrehen passt das Gewinde seines Gasschlauches wunderbar an unser Gewinde am Adapter und die Flasche füllt sich langsam mit Gas, super.
Eines der CH-Autos fährt bald wieder los, Adolf mit dem Unimog bleibt noch etwas hier, wie wir. So schön und ruhig ist es, der Frühling ist da, es blüht überall im grossen Garten und die vielen Vögel begrüssen uns jeden Morgen mit einem Konzert. Beat nimmt ein Jöbli an und mäht eine Runde Gras auf dem grossen Grundstück, ich hänge Wäsche an die Sonne, es gibt immer zu plaudern…nach einem letzten feinen Zmorge mit Sunntigszopf verabschieden wir uns von Susanne und Ruedi, sagen vielen Dank, schön war’s, bis im nächsten Mai. Wir fahren bis nach Fray Bentos an die Grenze zu Argentinien. Der Nachtplatz vom letzten Jahr am Rio Uruguay passt noch immer, auch Adolf trudelt ein mit seinem Unimog, morgen gehen wir zusammen über die Grenze.
Der Grenzposten von Uruguay und Argentinien ist unter einem Dach am selben Ort, beim der „Migracion“ wird unsere Einreise nach Argentinien registriert, einen Stempel in den Pass gibt es nicht mehr, wir bekommen auch keinen Ausreisestempel von Uruguay. Ich habe gerne alles auf Papier und sichtbar, na dann, es wird seine Richtigkeit haben. Wir fahren ein Stück vor, dort ist der Zoll, unser Iveco wird kontrolliert, nach einem kurzen Blick in die Kabine und ins Staufach ist der Zöllner zufrieden, jetzt noch beim Schalter 16 das Uruguay-TIP (temporäres Importpapier für den Iveco) abstempeln und beim Schalter 1 ein neues TIP für Argentinien erhalten, das wars schon.
Wir überqueren den Rio Uruguay und sind in Argentinien!
Im nächsten Ort stoppen wir, es gibt hier ein „Cambio“, wir tauschen US-Dollars in argentinische Pesos, ein paar Nötchen schieben wir unter dem Schalter durch, eine grosse Beige Pesos kommt zurück, alles in 1000-er Pesos Scheinen (aktuell 1000 Pesos = ca. sFr. 0.86). Nebenan ist ein Supermärt, wir kaufen etwas ein, Gemüse und Früchte nur wenig, wir wissen dass es weiter südlich Lebensmittelkontrollen an Provinzgrenzen gibt, Gemüse, Früchte und Fleisch sind dann ein Problem und müssen abgegeben werden. Noch die Dieseltanks füllen, dann sind wir ready. Tschau Adolf, bis bald, unsere Ziele sind die gleichen, so dauert es wohl nicht lange bis sich unsere Wege wieder kreuzen.
Es ist richtig heiss geworden, das Thermometer klettert an diesem Tag einmal auf 37 ° an, puhhh! Wir haben eine lange Strecke vor uns, wir möchten die nächsten Tage zügig ein gutes Stück Richtung Süden an die Ostküste fahren um bald bei der Peninsula Valdés zu sein, wir hoffen dort noch Wale zu sehen. Die Distanzen sind riesig in diesem grossen Land, schlau ist wenn man die Kilometer im Auge hat, sonst entpuppt sich ein kleines Stück Strasse auf der Karte plötzlich als nicht endende Fahrt.
Wir umrunden Buenos Aires und halten uns dann nach Südwesten, das Land ist weit, so weit, und flach, endlos, es hat viele Pferde auf den riesigen Weiden und noch viel viel mehr Kühe, wir sehen Getreidefelder bis zum Horizont, die Schnellstrasse ist gut zu befahren, viele Lastwagen sind unterwegs, ab und zu durchfahren wir ein Provinzdorf, und dann ist wieder nur Weite. Es hat aber auch Seen, an einem von diesen fahren wir einen Camping an und dürfen unter Bäumen mit Seeblick die Nacht verbringen. Weiter geht es wie am Tag zuvor, die Kilometer leeren unseren Dieseltank und schlagen auf den Zähler. Ein Bergzug erhebt sich, die Sierra de la Ventana, die Landschaft wird hügelig, wir durchfahren ein grünes Tal, überall blüht gelber Ginster und setzt Farbtupfer ins Grün. In Villa Ventana parkieren wir für die Nacht, es ist ein richtiges kleines Bergdorf für viele Sommertouristen, mit Holzchalets, kleinen Lädeli und Restaurants, aber los ist zur Zeit noch nichts. Wir lassen den Hügelzug hinter uns und tauchen wieder ein in die Pampa. Bald sind wir in Bahia Blanca, umrunden die Stadt auf einer üblen Strasse, nun geht es gut geteert weiter, schnurgerade nach Süden bis ans Meer in El Condor, unser erstes Ziel!
Hier an der Steilküste gibt es nämlich etwas ganz besonderes zu erleben! Und das möchten wir sehen! In über 35’000 Nestern lebt und brütet hier eine der weltweit grössten Kolonien von Felsensittichen. Wir parkieren oberhalb der Steilküste, steigen aus und schon sind wir umschwärmt von unzähligen der kleinen, farbigen Papageien. Wir gehen runter zum Strand, laufen entlang des Meeres und schauen zu den vielen Felshöhlen hoch, ständig umgeben vom Gekreische und buntem Geflatter der Vögel. Ein wunderbares Schauspiel! Die Nacht ist ruhig, aber am Morgen um 05.30 ist Tagwache bei den Sittichen. Verschlafen schauen wir aus dem Fenster, die Drähte der Stromleitungen sind schwarz, alles voller Vögel, der Start in den Tag kann beginnen, für die Papageien und für uns. Mit einem speziell schönen Erlebnis mehr im Gepäck gehts weiter Auf der RN1 entlang der Küste.
Die nächste Etappe dem Meer entlang ist superschön und voller Tiere, wir sehen eine Schlange, ein kleines Stinktier, einen Fuchs, zwei Gürteltiere, die so flink sind wie der Wind, durchqueren eine kleine Wüste mit Sanddünen und bleiben am blauen Meer stehen für den Rest des Tages, wie schön!
Nach nochmals 300 Steppenkilometern erreichen wir Puerto Madryn, sind schon bald draussen auf der Halbinsel Valdés in Puerto Piramides und parkieren den Iveco auf dem grossen Campingplatz. Die Gegend lebt vom Tourismus, anziehend neben schönen Stränden ist vor allem die Tierwelt mit Walen, Seelöwen, See-Elefanten, Pinguinen…
Die grossen Südkaper-Wale halten sich jedes Jahr von ca. August - November vor der Halbinsel Valdés auf, die beste Zeit um die Wale zu beobachten ist im September/Oktober, dann kommen die Jungen zur Welt, die Walmütter sind näher an der Küste und tummeln sich in der geschützten Bucht vom Golf Nuevo. Auch Orcas sind hier unterwegs, meist in Gruppen von rund 40 Tieren, aber eher weiter vor der Küste. Wir sind schon ein bisschen spät, es ist bald Ende Oktober, aber vielleicht sehen wir doch noch ein paar dieser grossen Meerestiere.
Gegen Abend steht auch Adolf auf dem Campingplatz, zusammen spazieren wir ins Dorf, buchen eine Wal-Bootstour für den nächsten Tag und kehren in einem gemütlichen Beizli ein für’s Znacht.
Um 11 Uhr am nächsten Morgen stehen wir bereit, werden mit Schwimmwesten ausgerüster und dürfen am Strand unten ins Boot steigen. Einige Traktore stehen am Meer, jedes Boot wird mit dem Traktor ins Wasser geschoben und bei der Rückkehr wieder zurück an den Strand gezogen. Wir schippern los und sehen während diesen 1.5 Stunden einige Wale, die meisten sind recht weit weg, aber zwei, eine Mama mit Baby, schwimmen nahe am Boot vorbei, wir sind beeidruckt und sehen wie gewaltig gross die Südkaper sind, wow! Keiner der Wale hat Lust für uns zu springen, aber so ist es, entweder man erwischt diesen Augenblick oder nicht, schön war’s auf alle Fälle!
Es gibt verschiedene Aussichtspunkte zum Anfahren auf der Halbinsel Valdés, so machen wir uns am nächsten Tag auf zu einer 200 Kilometer-Runde über die Insel. Alles ist Naturstrasse, wir lassen Luft aus den Reifen und fahren als erstes zu einem Salzsee. Der grosse Salzsee hat keinen Zugang, alles ist eingezäunt und bei jedem kleinen Strässchen sehen wir ein Tor. Aber zum nächsten, kleineren Salzsee finden wir einen Weg - ist das schön hier, cool diese Farben, hellblau, rosa, weiss, Salz, Wasser…wir laufen ein Stück auf den See, das Salz knirscht unter unseren Schuhen, wir probieren Salz (das 3-Minuten Ei fehlt), die Salzkristalle glitzern und wir blinzeln in der grellen Sonne. Die Strasse führt weiter übers ebene Land, immer wieder gibt es etwas zu entdecken, kleine lustige Hühnchen mit Stehfrisur, elegant trabende Guanakos, viele Schafe mit kleinen Lämmern, Nandus, die mit unserem Iveco um die Wette rennen…wir folgen der Küste nach Norden und erreichen den Punta Cantor. Von Plattformen aus kann man die See-Elefanten unten am Strand beobachten, die Männchen sind riesige Kolosse und mit ihrer Rüsselnase sehen sie ganz speziell aus. Mit dem Feldstecher beobachten wir sie eine lange Zeit, spannend was da so läuft am Strand. Auf dem Wasser draussen sehen wir Wale, mit der Vergrösserung sind sie gut zu verfolgen, später springt sogar noch einer für uns aus dem Wasser und Adolf erwischt ihn mit der Kamera. Auch Magellan-Pinguine hat es ein Stück weiter der Küste entlang, wir können sie aus nächster Nähe beobachten, so herzig sind sie, watscheln rauf und runter, einer zupft Gras aus und verschwindet mit vollem Schnabel in der nächsten Höhle, sie sind am nisten. Wir holpern die vielen Schotterkilometer zurück nach Puerto Piramides, leider darf man nirgends auf der Halbinsel frei übernachten, es ist Abend, Duri und Rose sind auch auf dem Platz und bald sitzen wir gemütlich zu fünft im Stübli bei Adolf.
Für uns geht es weiter bis zur Punta Flecha und kaum parkiert sehen wir einige Wale nicht weit draussen im Meer, gemütlich gondeln sie dahin, Mütter mit ihren Kleinen, sie machen Geräusche, tauchen unter, wieder auf, strecken den Kopf aus dem Wasser, drehen sich und winken mit den Flossen. Weiter draussen springen sie sogar und klatschen mit ihren Riesenflossen aufs Wasser, es gibt einen unglaublichen Knall, so schön diese Tiere in der Natur zu sehen, wir sind happy! Der Feldstecher wandert von Hand zu Hand um noch näher dabei zu sein, ein einmaliges Erlebnis, wir haben das so noch nie gesehen!
Da man hier nicht übernachten darf, die Ranger sind unterwegs und machen Kontrolle, fahren wir weiter, zurück nach Puerto Madryn und bis zum Punta Loma südlich der Stadt. Hier steht man auf der Klippe und unten am Strand tummeln sich ganz viele Seelöwen. Es ist Flut, alle liegen ganz dicht nebeneinader auf dem schmalen Sandstreifen, kämpfen um jeden Platz oder quetschen sich in die Felshöhle dahinter. Die Stimmung unter den Tieren ist ganz ruhig und friedlich, sie liegen und chillen, wälzen sich hin und her, gleiten ins Wasser und schwimmen eine Runde…nur die mächtigen Seelöwen-Machos-Männchen mit ihrer Mähne um den Kopf bringen ständig Unruhe in die Ruhe weil sie ihre Weibchen bewachen müssen. Mit lautem Gebrüll stürmen sie auf jeden Konkurrenten zu, reissen das Maul auf, fletschen die Zähne und vertreiben den Eindringling, eine strenge Ordnung herrscht.
Die Piste bis hinaus zum Punta Ninfas ist ganz okay, nur die letzten Kilometer sind richtig Wellblech und es schüttelt gehörig. Aber schön ist es hier draussen in diesem Zipfel, wir stellen den Iveco oberhalb der Steilküste ab und sind ganz alleine.
Schnell laufe ich zum Rand der Klippe und schaue hinunter an den Strand, yehhh, meine Hoffnung hat sich erfüllt, See-Elefanten liegen dort, machen Siesta oder plantschen im Wasser! Es ist Ebbe, der Strand ist breit und viele grün überzogene Felsplatten sind jetzt sichtbar. "Beat, chum, mir gönd an Strand abe!" husch machen wir uns ready, an einem Punkt sind Seile befestigt, so klappt der Einstieg gut über die erste Felsstufe, der Rest ist ein schmaler, steiler Wanderweg, und schon stehen wir unten am Strand. Ganz sachte nähern wir uns den Tieren, sie lassen sich nicht stören, die einen heben nicht einmal den Kopf, ein grosses Männchen grummelt vor sich hin, wirft einen Blick in unsere Richtung und chillt weiter. Es hat viele Babys, kleinere und grössere, eines gräbt sich gerade ein und deckt sich mit Steinchen zu, mit grossen, dunklen, kugelrunden Augen sieht es uns an „Nein,nein, wir machen dir nichts“, wir nehmen Abstand, möchten nicht dass es sich bedrängt fühlt. Ich habe mir so gewünscht, diese Tiere von nah zu sehen und zu erleben, nicht nur von einem Aussichtspunkt, und jetzt stehen wir hier am Strand bei den See-Elefanten, so nah, ohne Zaun und ohne nichts!
Nach zwei Stunden nehmen wir den Aufstieg in Angriff, wir entdecken viele eingelagerte Muscheln in den Gesteinsschichten. Unterdessen ist es später Nachmittag, die Flut kommt, das Wasser steigt langsam, lässt die grünen Felsen am Strand verschwinden und bald bleibt nur noch ein Streifen Kies übrig für die See-Elefanten. Wir sitzen draussen an der Sonne, der Wind bläst mässig, später immer mehr, Böen pfeiffen um den Iveco und blasen uns den Sand ins Häuschen, wir blicken auf's tiefblaue Meer und suchen nach Walen, zwei, drei sehen wir, einer springt sogar, was sind wir für Glückspilze, hier sein zu können und das alles erleben zu dürfen!
Nach zwei Nächten verlassen wir den schönen Platz und fahren nach Trelew, das nächste Städtchen, wir suchen nach einer Wäscherei und finden eine, füllen unsere Tanks mit Diesel und Wasser, gehen einkaufen, holen den sauberen Wäscheberg ab, lassen die Stadt hinter uns und fahren ein Stück ins Land hinein, nach Gaiman, ein schmuckes kleines Dorf, am anderen Tag weiter beim gestauten Rio Chubut vorbei und seinem Oasen-Dorf Villa Dique Florentino Ameghino - und jetzt wieder Richtung Küste…