25. September - 03. Oktober 2025
Wir verlassen das schöne Städtchen Sucre und machen uns auf den Weg nach La Paz. Hügelig und kurvenreich führt uns die Strasse durch ein ländliches Bolivien, überall wird auf den Feldern gearbeitet, mit Ochsen oder von Hand, der Frühling naht, die Dörfer und das Leben sind einfach an dieser Strecke, wir sehen diverse Minen, Leute die den Fluss umgraben und nach Gold oder sonst was suchen, oder ihren Kleidern und Teppichen eine Frühlingswäsche gönnen am Dorfbach.
Nach einer Nacht an einem kleinen See nähern wir uns der Grossstadt La Paz, der Verkehr und das Chaos wird immer schlimmer, heiei, es wird gehupt, gedrängt, überholt, ein Gewusel an Fahrzeugen und Menschen ist unterwegs, auf der Strasse, neben der Strasse, hinten, vorne, Beat muss aufpassen wie ein Häftlimacher, sind wir froh als wir endlich unseren Stellplatz bei Teresa am Stadtrand von la Paz erreichen und hinter das Tor fahren können.
Eigentlich nehmen wir lieber eine Schotterpiste ins Abseits als eine verstopfte Strasse in eine Riesenstadt, aber nach La Paz möchten wir doch einen Abstecher machen. Die Stadt mit über 2 Millionen Einwohnern liegt in einem grossen Talkessel, das Meer von Häusern zieht sich den Hängen entlang in die Höhe, oben auf dem Plateau liegt der quirlige Stadtteil El Alto. Hier haben wir uns einen kleinen, privaten Camping ausgesucht, im Innenhof bei Teresa, nicht gerade romantisch, aber zweckmässig und sicher. In der Stadt unten könnten wir locker 500 Meter tiefer wohnen, dort sind die gut betuchteren Leute zuhause, im einfachen Stadtteil El Alto stehen wir auf einer Höhe von 4070 müM, dafür können wir gleich ums Eck aufs nächste Gondeli und wir mussten uns nur durch den Verkehr am Stadtrand kämpfen. Seit 2014 ist die ganze Stadt mit der „Teleferico“ Seilbahn verbunden. Diverse Gondeli-Strecken transportieren die Fahrgäste über all die steilen Hänge der Stadt, eine gute Sache und eine Attraktion. Es ist das grösste urbane Seilbahnnetz der Welt, erbaut von Österreichern, mit Schweizer Beteiligung. Ohne diese coolen Seilbähnchen hätten wir wohl einen Bogen um La Paz gemacht. Aber nur schon diese Gondelis lohnen den Besuch, finden wir. So schweben wir während zwei Tagen rauf und runter, hin und her über die Stadt, mit immer tollen Ausblicken, sogar zwischen den Hochhäusern hindurch kann man gondeln, ganz speziell. Natürlich nehmen wir uns auch Zeit für’s Stadtzentrum mit seinen historischen Bauten, spazieren durch die farbigen Gassen, besuchen den Hexenmärt und bestaunen tolle Bilder im „Museo del Arte“. Am Sonntag möchten wir auf den riesigen Märt von El Alto, er ist so gross, erstreckt sich über Strassen und Plätze, unüberschaubar…aber kaum durch die ersten Stände gebummelt, wird der Himmel dunkler und dunkler, schnell suchen wir Schutz, es blitzt und donnert und hagelt…und hört einfach nicht mehr auf, so schade! Viele Märtfrauen und Männer packen zusammen, die Strassen leeren sich, auch wir rennen schlussendlich zur nächsten Gondelistation und schweben über der Strasse zurück zum Iveco. Es wird noch andere Märkte geben.
Copacabana wartet, nein, nicht der schöne Strand von Rio de Janeiro, sondern ein Städtchen in einer Bucht am Titicacasee, nahe der Grenze zu Peru. Der Titicacasee ist das „Meer der Anden“ und erstreckt sich auf dem Altiplano in einer Höhe von 3800 müM. Er ist 16x grösser als der Bodensee, Peru und Bolivien teilen ihn sich fast zur Hälfte und es ist eines der höchstgelegenen schiffbaren Gewässern der Welt. Die Fahrt von La Paz nach Copacabana wird je länger je schöner, es wird bergig und mit einer rudimentären Fähre überqueren wir ein Stück Wasser. Ein Schild am Strassenrand lässt uns stoppen, es ist ein kleines Museum über die Geschichte von Thor Heyerdahl und seinen Reisen auf den Schilfbooten RA, URU und anderen. Ein Thema das Beat interessiert, anno damals in der Berufsschule hat er sich in diese Abenteuer vertieft, einen Vortrag gehalten und ein Modell der RA nachgebaut. Eine ältere Frau zeigt uns alte Fotos und erklärt stolz dass ihr Papa mit dabei war beim Bau der URU und anderen Schiffen, und dass auch ihr Mann und Sohn noch immer solche Sachen produzieren aus dem Schilf des Titicacasees. Eine schöne Begegnung und natürlich nehmen wir noch etwas Handgefertigtes mit aus ihrem Lädeli.
Copacabana liegt schön eingebettet in der Bucht am Ufer des Sees, uns gefällt es hier. Wir verbringen zwei Tage am welligen See und im Städtchen und wechseln dann das Land, von Bolivien geht’s weiter nach Peru!
Wir bleiben am Titicacasee und fahren bis nach Puno, dem Hauptort der Region. Ab hier kann man Touren zu den Uros, den schwimmenden Inseln im Titicacasee machen. Die Uros galten als wildes Volk im Inkareich, die Inkas konnten sie nie unterwerfen weil die Uros den Vorteil hatten sich immer auf ihre schwimmenden Inseln im See zurückziehen zu können. Im 19. Jahrhundert lebten noch rund 4000 Familien auf den Schilfinseln, heute sind das mit den Nachfahren der Uros nur noch ein Bruchteil. Sie zeigen ihre Inseln, pflegen noch ihre Traditionen, leben aber heute sehr vom Tourismus und alle möchten ihre Souvenirs verkaufen. Obwohl die Ursprünglichkeit mehr und mehr verloren ist, möchten wir doch auch einen Fuss auf eine solche Insel setzen. Mit Yordi und seiner Mama Rosa machen wir eine private Tour auf die Insel seiner Familie. Die Nacht verbringen wir gleich am kleinen Hafen Kalapajra und treffen, welche Freude, wieder einmal zwei Schweizer Reisende, Franziska und Jürg! Natürlich gibt es einen langen Schwatz, und am nächsten Morgen noch einen, dann heisst es schon wieder „Tschüss zäme“.
Ein Boot legt an, es ist Mama Rosa, auch ihr Sohn Yordi trifft ein und schon tuckerlen wir auf einer Wasserstrasse durch’s Schilf zu den Uros Inseln. Rund 120 Inseln gibt es aktuell noch, auf jeder Insel leben ein paar Leute. Die Insel der Familie ist nicht gross, Yordi erklärt uns mit Hilfe von Erdschollen und Schilf wie genau die Inseln aufgebaut, verankert und bedeckt werden, das ist sehr spannend. Die Insel braucht ständig Unterhalt und der Belag aus Totora-Schilf wird regelmässig erneuert. Beim Laufen federt es richtig, das Schilf ist feucht und wir müssen achtgeben dass unser Fuss nicht in einem nassen Loch versinkt. Die Hütten sind sehr einfach gebaut, wir treten ein in Mama Rosas Reich, sie zeigt uns ihre selbst bestickten Wandbehänge, mein Herz wird weich, wie immer, und mit einem Lachen im Gesicht drückt mir Mama Rosa einen Wandbehang in die Hand. Ob die Mama wirklich immer hier wohnt glauben wir nicht ganz, was ist echtes Inselleben und was ist Show, was ist wirklich handgemacht von ihr und was nicht? Nicht so schön finden wir den Plastik auf der Insel, um das Schilfboot zu flicken, als Unterlage für’s Schilfdach, als Abdeckung für irgendwas…wir haben uns alles ein bisschen ursprünglicher vorgestellt, aber das heutige Leben hat längst Einzug gehalten, auch hier in dieser Geschichte. Spannend und lohnenswert ist es trotzdem, eine andere Welt, ein Einblick, ein schöner Ausflug und Rosa und Yordi sind sehr nett und herzlich. Als nächstes legen wir bei der Beizliinsel an, diese wird aber gerade überflutet von mehreren Ausflugsbooten, so ist unser Aufenthalt kurz. Schöner ist dann der Halt bei der Schule der Inseln. Die Kinder kommen jeden Tag per Boot hierher, der Pausenplatz ist aus Brettern gebaut damit die Kinder etwas kicken und spielen können, und wir dürfen in ein Schulzimmer schauen. Zurück im Hafen verabschieden wir uns, Yordi schenkt uns ein gebasteltes Mobile aus farbigen Schilffiguren, wir runden die Soles auf und sie freuen sich sehr.
Der Nachmittag ist noch jung, wir lassen den Iveco am Hafen stehen, schnappen uns ein Taxi und fahren ins Zentrum von Puno. Über die Fussgängerzone kommen wir zum grossen Platz, dort steht eine ganze Schar Kinder bereit, wir warten, sie formieren sich, laufen los und wir lauschen einem schönes Planflötenkonzert. Zurück beim Iveco setzen wir uns noch eine Weile an den Hafen, unterhalten uns mit den Frauen, die den ganzen Tag hier sind, ihren Stand betreiben oder Billette verkaufen für auf die Uros-Inseln. So schön angezogen sind sie alle, und lustig sind sie, sie erzählen, erklären dass sie Aymara sprechen, die Sprache ihres Volkes, und Spanisch. Am Früchtestand kaufen wir noch ein paar Sachen „Cuatro platanos, por favor“ sage ich. Die Frauen neben uns tuscheln und kichern, eine meint „No, cinco platanos, cuatro para ti y uno para mi“…haha, das haben wir verstanden. Wir bezahlen die Früchte, ich nehme eine Banane aus dem Sack und strecke sie mit einem Zwinkern der Frau hin „Para ti“, sie lachen "Oh, gracias!".
Die Nacht ist kurz, am Morgen um 5 Uhr wird es schon hell und das bald geschäftige Treiben im Hafen beginnt, Autos kommen, es wird eingeladen, ausgeladen, die ersten Touristen stehen bereit, Boote legen an und legen ab…Zeit aufzustehen, wir machen uns bereit und los gehts Richtung Colca Canyon und Cusco!
Nach viel Stadt und Trubel freuen wir uns sehr auf wieder mehr Natur, abgelegene Nachtplätzli und einsame Strecken…