Juni/Juli 2023 - Brasilien/Durch den Süden

17. Juni - 12. Juli 2023

 

Brasilien - ein neues Land…was werden wir hier erleben? Fast schnurgerade verläuft die Strasse vom Grenzort Chui bis ins 250 Kilometer entfernte Rio Grande, dem nächsten grösseren Ort. Zuerst aber machen wir einen Abstecher ins kleine Santa Vitoria do Palmar, ein Stück nach der Grenze. Hier gibt es eine Bank, wir brauchen brasilianische Reals. Beim zweiten Versuch klappt es und der Automat spuckt eine kleine Beige Real-Noten aus, wir müssen neu rechnen, 100 Real sind aktuell sFr. 18.70.

Wir fahren los, rechts von uns erstreckt sich die Lagune Mangueira, dahinter ist der Atlantik, links von uns ist die riesige Lagune Mirim, die von Uruguay bis weit nach Brasilien reicht. Wir sehen die Lagunen nicht, sie sind zu weit weg von der Strasse, das ganze Gebiet ist flach und sehr feucht, überall liegt Wasser, aber es wird intensive Landwirtschaft betrieben. Wir fahren an riesigen Weidegebieten vorbei mit vielen Kühen und Pferden und immer wieder sehen wir grosse Silos für Getreide. 

Bald nähern wir uns dem kleinen Ort Taim, die Gegend hier ist ein grosses Schutzgebiet, das „Pantanal Gaucho“, ein Tier- und Vogelparadies und auch ein wichtiger Ort für diverse Zugvögel. Die Schutzzone ist für die Öffentlichkeit gesperrt, aber rund 15 km vor Taim führt die Strasse entlang des „Pantanal Gauchos“, dort kann man viele Tiere sehen, heisst es. Beidseits der Strasse hat es sumpfige Wassergräben, wir sind gespannt und fahren ganz langsam: wow, da sind sie! Wir sehen eine Menge der herzigen Capybaras, kleine, grosse, sie liegen zwischen den Kühen oder tummeln sich im Sumpf, dazu gibt es unzählige Kaimane und viele bunte Vögel zu beobachten, super! Nur schade kann man fast nirgends richtig von der Strasse wegfahren und anhalten.

In Taim bleiben wir auf dem schönen Camping Caphila stehen, ganz nahe der Lagune Mirim. So spazieren wir gleich vom Camping durch die Sanddünen bis zum Ufer der Lagune, dem Wasser entlang und retour durch das kleine Dorf. Auch hier hat es viele Vögel, die Wassertiefe der Lagunen ist gering, so stehen Störche weit draussen im Wasser und machen nur ihre Füsse nass.

In Rio Grande nehmen wir die Fähre nach Sao Jose do Norte und weiter geht es auf der endlos langen Strasse zwischen dem Atlantik und der Lagune Dos Patos Richtung Norden. Wir geniessen diese Gegend und diese lange, gemütliche Fahrt. Es hat viele Nadelbäume hier, grosse Wälder und in diesen Wäldern wird Baumharz geerntet, überall hängen Säcke an den Baumstämmen in denen das Harz aufgefangen wird, Reihen um Reihen, hunderte, tausende. Auf dem kleinen Camping Vo Tarcio bei Marcia und ihrer Familie finden wir einen schönen Nachtplatz. Wir stellen den Iveco in den Garten und Marcia plaudert frisch und munter in schönstem Sing-Sang-Brasilianisch auf uns ein, smile…es tönt so schön, diese Sprache, und mit Google-Translater können wir uns auch ganz gut unterhalten. Der Baumharz muss ein recht gutes Geschäft sein, auch sie sammeln und verkaufen ihn. Viel davon wird in den Osten exportiert, gebraucht wird er für Farben, Lacke, Klebstoffe, Medizin etc. 

Wir bekommen zwei Gästebücher in die Hand gedrückt mit der Bitte etwas hineinzuschreiben, es hätten schon viele Schweizer hier übernachtet, sagt Marcia. Das machen wir natürlich gern. Am nächsten Morgen zeigt sie uns noch ihren Garten, ein tropisches Paradies mit Blumen, Früchten und alten Bäumen. Sie, oder besser Beat, reckt sich und pflückt eine Papaya für uns zum Mitnehmen, mhhh, vielen Dank!

Es gibt auf dieser Strecke Pisten entlang des Meeres, über viele Kilometer kann man direkt auf dem Sandstrand fahren. Wir machen auch einen Versuch, aber der Regen von kürzlich und die Flut die jedes Mal den ganzen Strand überspült machen das Fahren im tiefen Sand für uns fast unmöglich, es ist zu nass, der Iveco zu schwer, er kämpft wie ein Traktor. So geniessen wir die tollen Strände und die wilden Wellen des Atlantiks für schöne ausgedehnte Pausen. 

Wir biegen ab zur Lagune Peixe, auch ein Schutzgebiet, wer weiss, vielleicht sehen wir hier noch mehr Tiere. Die Piste entlang der Lagune wird mehr und mehr zu einer Wasserstrasse und es fühlt sich an als fahren wir mitten in einem grossen See, rundum Wasser, das Weideland neben der Lagune ist auch überflutet, wohl nicht sehr hoch, die Kühe waten hier rum, aber wir sehen dann doch eine Kuh die schwimmen muss. Über die Flussläufe führen kleine Brücken, man kann weiterfahren durch die Dünen bis zum Meer, aber irgendwo müssen wir umkehren, vor dem Meer.  

 

Wir verlassen die Küste und steuern den Bergen zu. Die Natur wird üppig und grün, die Luftfeuchtigkeit höher, am Strassenrand werden Bananen und Orangen verkauft. Die Strasse steigt an, bald erreichen wir Gramado, ein Ort in der Höhe auf rund 800 müM, inmitten von Wäldern und Flüssen. Wir lesen dass dieses bekannte Städtchen für die Brasilianer etwa so ist wie St. Moritz für uns, wir sind ja gespannt. Es ist Winter, Nebensaison und somit bestimmt nicht viel los, wir erwarten schon dass gar nichts läuft und vieles geschlossen ist. So staunen wir nicht schlecht als wir an diesem normalen Donnerstag in Gramado eintrudeln, puhh, wo sind wir hier gelandet? Alles ist auf den Beinen, voll und übervoll, bunte Shops, Restaurants und Vergnügungsorte reihen sich der Strasse entlang, es gibt viel Schoggilädeli, man kann Fondue essen, Wein degustieren, ins Dinoland oder ins Space-Center, so wie ein Mini-Las Vegas.

Im Nachbarort Canela gibt es dafür einen ruhigen Campingplatz im Park do Sesi, wir quartieren uns dort ein und sind die einzigen. Auch Canela ist sehr touristisch, vor allem rund um die schöne Kirche ist viel los, es wird posiert und geknipst, wir amüsieren uns. Ein Ausflug wert ist von hier aus der schöne Wasserfall Caracol im Tal hinten, inmitten von Araukariewäldern, plus ein Blick auf das alte Fachwerkhaus Casthelinho mit kleinem Museum auf der Strecke.

Auf dem Weg nach Nova Petropolis finden wir den sehenswerten „Parque Pedras do Silencio“ mit diversen Sandsteinskulpturen die die Geschichte der Auswanderer erzählen, und ein über 500 jähriger Araukariebaum, wow! Und in Nova Petropolis fahren wir die steilste Strasse hinunter die wir je gesehen haben! Ich blicke abwärts, das sind mindestens 30%, meint Beat,  für mich so  50%, mein Herz macht einen Sprung, ich schaue zu Beat „Nein, da können wir nicht runterfahren!“  zu spät, wir sind schon über die Kuppe und stürzen uns in die Tiefe, uiii, wie auf der Achterbahn! Unten rechts abbiegen und die gleichen Prozent geht es wieder hoch...! 

Die Strasse wendet sich nach Norden, durch ein enges Tal fahren wir Richtung Caxias do Sul, es gibt hier kaum Nachtplätze, einen Camping sollte es in Galopolis geben, aber der ist geschlossen. Wir fahren nochmals durch's Dorf, die hintere Strasse, an der Kirche vorbei, ja, hier wäre es doch nicht schlecht zum Parkieren. Es ist schon fast Abend, weiterfahren wollen wir nicht mehr. Es geht nicht lange und wir sind umringt von Dorfbewohnern, sie fragen woher wir kommen, wohin wir gehen, und vor allem wie wir das Auto hierher gebracht haben. Und sie überlegen und diskutieren ob sie uns hier stehen lassen können über Nacht, vielleicht kommt ja die Polizei und schickt uns weg, meinen sie. Es wird ein Kollege gerufen der Englisch spricht, er heisst Gabriel, kurz darauf ruft seine Frau ihren Onkel Mario an der ein paar Minuten später zusammen mit der Tante auf dem Platz steht. Sie deuten in die Höhe, dort oben am Hang hat der Onkel ein kleines Häuschen das gerade umgebaut wird und leer steht, wir können gerne dort parkieren und übernachten, es sei schön ruhig. Sie fahren vor, nach einigen Kurven erreichen wir den herrlichen Platz mit Topaussicht übers Dorf, wow! Sie zeigen uns das Häuschen, wir plaudern noch ein bisschen und erfahren dass sich in dieser Gegend viele Auswanderer aus Italien niedergelassen haben, darum sei das Dorf und sie alle nach wie vor richtig italienisch. Nach einer ruhigen Nacht hören wir schon bezeiten am Morgen ein Auto vorfahren, es ist Mario, er schaut nach uns und bringt uns eine süsse Spezialität aus der Region vorbei, verabschiedet uns nochmals herzlichst und wünscht uns eine gute Reise, so liebenswert alle, vielen Dank!

Unser nächstes Ziel sind die Canyons von Itaimbezinho und Fortaleza. Über Caxias do Sul fahren wir nach Tainhas und weiter nach Cambara do Sul. Die Strecke führt über eine weite Hochebene, wir sind hier komplett in einer anderen Klimazone, es ist nicht mehr dschungelgrün, sondern fast als würden wir durch Kanada fahren, und wir geniessen's!

Von Cambara do Sul führt eine holprige Piste von rund 20 Kilometer bis zum Canyon Itaimbezinho. Die Gegend hier ist ein Nationalpark, eindrücklich ist der tiefe Canyon mit den vielen speziellen Araukariebäumen die hier geschützt werden. Es gibt verschiedene Trails zu Aussichtspunkten oder man kann Velos mieten und dem Canyonrand entlang fahren. Schon beim Parkeingang fragen wir ob wir am Abend hier vor dem Park übernachten dürfen, wir bekommen ein Okay und bald versinkt die Sonne glutrot hinter dem Horizont.

Ich finde das Morgen- und Abendlicht einzigartig schön, farbig und warm hier in Brasilien, aber vielleicht ist das auch meine Ferienstimmung, smile. 

Mit dem nächsten Morgenlicht sind auch wir wieder unterwegs, wir fahren retour bis Cambara do Sul und gleich weiter zum Canyon Fortaleza. Die Gegend bei diesem Canyon ist ganz anders, nicht so „bäumig“, wir fahren über eine karge Ebene bis zum Canyonrand und wandern verschiedene Aussichtspunkte ab, wow, dieser Einschnitt, diese Tiefe, diese Natur, und dieses Wetter, herrlich!

Die Sonne scheint und es ist richtig warmes T-Shirt-Wetter, sogar auf dieser Höhe von rund 1000 müM. Es herrscht gerade ein Wärmewelle, normal ist es hier um diese Jahreszeit, im Winter, viel kälter und es kann sogar mal Schnee geben in der Höhe. Wir sind natürlich froh um diese milden Tage. 

Zurück im Dorf peilen wir den einzigen Camping an auf einer Pousada mit kleinem Seelein, überall sind die Tiere frei unterwegs, Pferde, Kühe, Schafe, viel Federvieh, Hunde (wir haben wieder mehrere  Wachhunde), so gemütlich, da machen wir doch gleich einen Ruhetag!

Die nächsten rund 130 Kilometer geht's auf Schotterpisten langsam weiter, alles in der Höhe entlang der Bergkette, mit einem Abstecher zu einem weiteren grandiosen Canyon beim Monte Negro, die Gegend ist sehr dünn besiedelt und uns gefällt's sehr! 

 

Und dann ist es vorbei mit der friedlichen Idylle: 

Ein Stück vor dem kleinen Ort Bom Jardim da Serra ertönt ein Piepston, das Display zeigt eine Fehlermeldung: "Motor kontrollieren 024", und mit dem Aufleuchten dieser Fehlermeldung geht sofort auch der Motor in den Notlauf! Nein! Wir wollen das gar nicht hören! Diese Meldung kam in den letzten Tagen schon, wir haben's etwas ignoriert, was hätten wir tun sollen, so im Abseits! Das gleiche Problem mit dieser Fehlermeldung 024, inklusive Notlauf des Ivecos, hatten wir im letzten Herbst in Griechenland auch schon einmal. Vor der Verschiffung diesen Frühling bekam der Iveco einen umfangreichen Service, auch diese Fehlermeldungen waren ein Thema, von dem wir hofften, es sei nun behoben und gut. Kaum richtig gestartet hier in Südamerika holen diese Alarm-Lämpli uns wieder ein…zum Glück gibt es hier Iveco Garagen, eine solche wollten wir bald anfahren. 

Nun kommt diese Meldung "Motor kontrollieren 024" an diesem Tag innert kurzer Zeit gleich 3x hintereinander, jedesmal begleitet von einem sofortigen Notlauf des Motors - das heisst für uns, Motor abstellen, warten, Motor neu starten, die Fehlermeldung leuchtet nicht mehr, der Notlauf ist auch weg. Nach diesen 3 Alarmen leuchtet das Lämpli nun aber konstant und auch das Motorzeichen hat sich eingeschaltet und leuchtet gelb.

In Bom Jardim da Serra steuern wir die Tankstelle an, füllen unsere Räder wieder mit Luft, tanken und fragen wo denn die nächste Iveco-Garage sei. Das ist gar nicht so weit, direkt an der Küste unten in Criciuma, quasi auf unserem Weg.

Wir befinden uns hier auf einem einseitigen Pass von dem eine steile, kurvige und spektakuläre Strasse rund 1000 Höhenmeter abwärts Richtung Küste führt. Wir haben vor auf dem grossen Parkplatz beim Aussichtspunkt von Serra Rio do Rasto zu übernachten, am nächsten Morgen abwärts zu fahren und direkt zur Iveco Garage um die Fehlermeldungen zu überprüfen. 

Aber dann, kurz bevor wir den Nachtplatz erreichen, kommt ein 2. Problem dazu: der Iveco fängt plötzlich an zu hüpfen, es knarzt und tönt ganz schlimm im Untergrund, Beat kann nicht mehr richtig schalten, etwas ist blockiert, der Motor stirbt ab…und Beat schaut mich besorgt an! Was ist denn das? Wir haben nichts gehört vorher. Mit Mühe und Not können wir auf den Parkplatz einbiegen, rollen bis zu den ersten Parkfeldern und bleiben stehen, der Parkplatz ist gross und kaum jemand ist hier. Beat meint "Jetzt ist etwas richtig kaputt!". Fahren können wir auf jeden Fall keinen Meter mehr!

Nach einer nicht sehr erholsamen Nacht starten wir am Morgen nochmals den Motor, Beat liegt unter's Auto, sieht nichts, es ist wie es ist, keine Fee hat den Zauberstab heute Nacht geschwenkt über uns. Auf dem Platz gibt es einen Polizeiposten, die können uns bestimmt helfen, leider ist er gerade nicht besetzt. So warten wir, werden von einem Brasilianer angesprochen auf den Iveco, er spricht sogar Englisch, erkennt die Situation und meint sofort, er werde uns natürlich helfen. Er googelt, telefoniert, organisiert alles wegen der Garage in Criciuma und bestellt einen Abschleppwagen der den Iveco aufladen kann, super nett, vielen Dank Fabiano! 

Der Abschleppwagen taucht auf, der Fahrer steigt aus und runzelt die Stirn, unser Iveco ist zu hoch. Dabei hat unser Helfer die genauen Masse durchgegeben am Telefon, Gewicht, Höhe, alles. Er probiert es doch mit dem Aufladen, aber das klappt nicht, der Iveco ist vor allem zu schwer für sein Fahrzeug, also wieder abladen.

Er bestellt einen Kollegen mit einem grösseren Fahrzeug, wir warten weiter und irgendwann fährt der zweite Laster vor. Diesmal ist es kein Problem mit dem Aufladen und wir können los Richtung Passstrasse. 

Das ist in der Tat eine wilde Fahrt diesen Pass runter! Unser Fahrer kann viele Kurven nicht direkt fahren, er muss retour zirkeln mit dem langen Gefährt, es schleift, raucht und und stinkt bald gewaltig von Kupplung und Reifen, uiiii! Irgendwann haben wir die schlimmsten Kehren geschafft, es geht weiter abwärts durch hügeliges Land Richtung Criciuma, rund 80 km und über 1000 Höhenmeter abwärts.

Ein paar Kilometer vor der Stadt läuft der Abschlepptruck immer schlechter, Beat meint „Der fährt nicht mehr weit, die Kupplung ist im Eimer!“ So ist es! Hügelabwärts lässt unser Fahrer nun den Truck in halsbrecherischer Geschwindigkeit laufen um für die nächsten Aufwärtsmeter Schwung zu haben. Auf den allerletzten Drücker und im Schneckentempo erklimmen wir den letzten Hügel und erreichen die Garage, um dann zu merken: es ist die falsche Garage! Nein! Unterwegs haben wir gefragt ob er denn wisse wo die Garage sei. Ja Ja, kein Problem. Hhmmm…! Weiterfahren ist unmöglich. Er ruft seinen Chef an, wir warten und als es schon fast eindunkelt kommt der dritte Abschleppwagen von heute ins Spiel. Mit einer Stange wird Truck 2 mit dem Iveco drauf angehängt an Truck 3 und los gehts, nochmals durch die halbe Stadt zur richtigen Iveco Garage. Endlich, kurz vor 18 Uhr und Feierabend sind wir dort, der Iveco wird abgeladen, es ist Freitag und Wochenende, mehr läuft da nicht mehr. Der Iveco hat hier ein gutes Plätzli, und wir packen ein paar Sachen zusammen und fahren ins Hotel in die Stadt.

Für Criciuma haben wir aber an diesem Wochenende nicht so Augen, unsere Gedanken sind anderswo. Was ist mit dem Iveco, können sie es wohl flicken, wie lange bleiben wir hier stecken? Am Sonntag zügeln wir in ein anderes Hotel gleich gegenüber der Iveco Garage, so sind wir vor Ort, das ist super, wir rennen über die Strasse und sind schon bei Iveco Possoli.

Wie abgemacht stehen wir am Montagmorgen um 08.30 im Garagenbüro. Wir haben einen Text verfasst in portugiesisch, darin beschreiben wir was der Iveco genau für Probleme hat, damit es keine Missverständnisse gibt. Die junge Frau liest, nickt und  tippt in den Übersetzter " Wir werden jetzt mit der Diagnose starten, erstellen einen Kostenvoranschlag und melden uns dann per WhatsApp"...okay. Bis am Abend hören wir nichts, so stehen wir am nächsten Morgen wieder vor der Garage. Sie haben die Elektronik überprüft und die Fehlermeldungen gelöscht, eine Ursache dafür haben sie nicht gefunden und auch nicht weiter geforscht! 

Das zweite Problem, das mechanische, können sie leider erst am Mittwoch anschauen, weil erst dann ein Mechaniker verfügbar ist. 

Als wir am Mittwoch bei Iveco auftauchen haben sie eine erste Vermutung, entweder das Getriebe oder das Verteilergetriebe, sie tippen den Symptomen nach auf das erstere. Sie bauen jetzt das Getriebe aus, das dauert, vor dem nächsten Tag gibt es keine News für uns.

Soviel gibt es hier nicht zu sehen, wir sind am Stadtrand an einer befahrenen Hauptstrasse. Das Hotel ist schön, recht neu und modern, gleich nebenan hat es ein grosses Shoppingcenter, aber sonst ist hier nicht viel los, vor allem nicht für uns Fussgänger. Wir spazieren aber doch durch die Nebenstrassen, im Shopping hat es ein herziges Kafi, dort kennen sie uns schon.

Am Donnerstag bekommen wir bestimmt eine Antwort. So ist es, kaum sehen uns die Mechaniker halten sie uns einen Öllappen und dann den Ölauffangbehälter unter die Augen, überall Metallspäne, die kommen aus dem Getriebe, so haben sie das richtige Teil ausgebaut. Bis aber nun das ganze Getriebe zerlegt ist wird es Nachmittag. Ich habe ja keine Ahnung von solchen Sachen, Beat erklärt mir die Funktion und das Innenleben eines Getriebes genau. Als die zwei Wellen dann offen und in ihren Einzelteilen da liegen wird mir klar was da alles glatt laufen muss mit diesen vielen Zahnrädern und Teilen. Sogar ich erkenne den Schaden, abgeraspelte Teile, zerschlissene Lager, festgefressene Zahnräder, überall kleben Metallspäne...so würde ich auch nicht mehr laufen wenn ich der Iveco wäre! Auf die Frage von Beat ob es zu wenig Öl im Getriebe hatte, nicken beide Mechaniker! Wie das? Vor der Verschiffung bekam der Iveco einen umfangreichen Service, inklusive dem Wechseln und Kontrollieren aller Öle...! Seit dann sind wir mit der Strecke nach Hamburg und hier in Uruguay und Brasilien rund 3000 km gefahren, noch nicht viel. Beat schaut regelmässig unters Auto, er hat kein Leck entdeckt, kein Ölverlust, alles trocken und in Ordnung. Ja, es ist wie es ist, geflickt muss es jetzt werden.

Am Freitag teilen sie uns mit dass sie hier in Brasilien keine Ersatzteile bekommen für unseren Iveco! Gleichzeitig sagen sie aber, dass sie noch ein Teil hier haben das eventuell passen könnte. Sie kramen in einer Schachtel und legen eine ganze Getriebewelle auf den Tisch. Es wird begutachtet und gemessen, alles hat die genau gleichen Masse wie bei unserer kaputten Welle, ein Zahnrad fehlt, für das könnten sie das defekte Gegenstück von uns aufpolieren und einsetzten. Das wäre ja super!

Der einzige Weg sonst ist, die Ersatzteile aus Europa zu bestellen, und das kann dauern...unsere Stimmung macht einen Schwung aufwärts, wir rechnen neu und sehen uns nicht in einem Monat noch hier warten, sondern in einer Woche wieder unterwegs sein. 

Aber jetzt ist Freitagabend, ein weiteres Wochenende folgt, wir können nichts als warten, am Montag sehen wir weiter. Wir verlängern das Hotel und beglücken die nette Kafi-Crew mit weiteren Besuchen, fahren in die Stadt zum Waschen, spazieren durchs Zentrum, finden einen Park, schauen dem Regen zu, geniessen die Sonne, lesen, spielen, surfen...und sehnen den nächsten Werktag herbei.

Wir fragen noch bei einem Spezialisten nach wegen dieser gebrauchten Getriebewelle, er meint das müsste passen und sei wohl kein Problem.

Am Montag Morgen spurten wir wieder über die Strasse, Paulo kommt gleich zu uns, der Fall ist klar, er beauftragt nun seine Mechaniker und wenn alles gut läuft sollte der Iveco bis circa am Mittwoch 12. Juli fertig sein. Klappt wohl alles? Wir hoffen es!

 

Ja, es klappt! Wie ein grosse Puzzle setzen die erfahrenen Mechaniker alle Teile neu zusammen, polieren, ersetzten, schrauben...am Mittwoch ist das ganze Teil bereit um wieder an seinen Platz unter dem Iveco zurückzukehren, auch die Kupplung wird gleich ersetzt, wenn schon alles frei liegt. Am späteren Nachmittag ist alles erledigt, noch eine Probefahrt, zahlen, Gschänkli und Trinkgeld verteilen, muito muito obrigado - vielen vielen Dank der netten Crew...und nach fast zwei Wochen in Criciuma können wir wieder los!

Was für ein Zufall, dass genau so eine gebrauchte, vergessene Welle am Lager war und gepasst hat, wir sind unglaublich froh!

Ganz so weit kommen wir nicht mehr an diesem Tag, es regnet, ist grau und trüb, schon bald wird es dunkel, wir fahren bis nach Gravatal und parkieren auf dem Camping bei der Therme. Regen prasselt aufs Dach, richtig gemütlich ist's im Iveco :-)!

 

Weiter geht es für uns Richtung Iguazu, zu den gigantischen Wasserfällen...wir müssen uns etwas sputen, wir haben nämlich bald eine Verabredung!

 


Unsere Strecke in Brasilien vom 17. Juni - 30. Juni 2023
Unsere Strecke in Brasilien vom 17. Juni - 30. Juni 2023